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■ QuerspalteSpendeneintreiber

Geld ist besser als kein Geld, viel Geld besser als wenig Geld. Deshalb wäre es selbstgerecht, an den Deutschen herumzumäkeln, die an die Familie des französischen Polizisten spenden, den deutsche Arschlöcher in Lens totschlagen wollten. Es ist legitim, das Gewissen zu beruhigen, auch mit Geld. Bei Anhängern des deutschen Fußballs mit Hirn mag ihre Spende gar verhindert haben, daß ihnen beim Spiel der Deutschen gegen den Iran das Kotzen kam, als Landsleute schon wieder „Deutschland! Deutschland!“ und „Sieg!“ in die Welt hinausbrüllten. Warum jemandem, dem zum Kotzen zumute ist, ein Antibrechmittel verwehren? Auch sollte man nicht fragen, wo diese Spendenfreude bleibt, wenn Deutsche im eigenen Land Menschen totschlagen, ob es vielleicht daran liegt, daß dieser Polizist aus Lens in den Augen vieler Deutscher dort war, wo er hingehörte, im Gegensatz zu den Asylbewerbern oder Punks. Diejenigen, die jetzt spenden, trifft an dieser Unverhältnismäßigkeit keine Schuld.

Nicht die Spender verursachen Unbehagen, sondern die notorischen Spendeneintreiber von der Presse und vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Der Lärm, den sie um ihre Spendenaktion veranstalten, unterscheidet sich kaum von dem Lärm um die Rubbelspiele der Boulevardpresse, er ist taktlos. Wie der Deutsche auf Mallorca und in Lens lärmt, so lärmt er auch noch, wenn er vorgibt, Gutes zu tun. Das professionelle Spendengetrommel hat etwas von der Geste des zigarrerauchenden Großkotzes in alten Filmen, der, nachdem sein Chauffeur ein Kind angefahren hat, aus seiner Limousine aussteigt, seine fette Brieftasche zückt, die weinende Mutter fragt, was der Schaden kostet, und später zu seinem Chauffeur sagt: „Fahren Sie schnell, Harry, wir haben zehn Minuten verloren.“ Vielleicht hilft das Geld ja der Mutter beziehungsweise der Familie des Polizisten ein wenig, besser als nichts ist es allemal. Doch es wäre auch schön, wenn dem lärmenden Deutschen endlich mal einer das Maul stopfen würde. Allez Mexiko! Joachim Frisch

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