piwik no script img

Neue Mauer à la turc

■ Die Innenminister der EU wollen die Grenzen bereits in der Türkei dicht machen

Brüssel (taz) – Die Innenminister der EU halten an ihrem Vorhaben fest, Flüchtlinge aus dem Irak und anderen Ländern Asiens bereits an der türkischen Ostgrenze aufzufangen und von dort aus sofort wieder abzuschieben. Die Verhandlungen hochrangiger Vertreter aus den EU-Mitgliedsländern mit der türkischen Regierung brachten am Donnerstag zwar keine konkreten Ergebnisse, doch an der grundsätzlichen Zusammenarbeit scheint es keine Zweifel mehr zu geben.

Vor allem Bundesinnenminister Manfred Kanther drängt darauf, Ankara mit EU-Geld zum Vorposten seiner Abschottungspolitik aufzubauen. Einig sind sich die EU-Innenminister mit Ankara darin, daß die Türkei ihre Ostgrenze besser abdichten müsse und dafür Unterstützung der EU benötige. So sollen beispielsweise türkische Grenzschützer von EU-Experten ausgebildet werden. Über die finanzielle Hilfe beim Aufbau von Abschiebelagern in der Türkei gehen die Meinungen innerhalb der EU aber noch weit auseinander. Kanther möchte diese um jeden Preis durchsetzen. Doch die skandinavischen Länder und Belgien wollen solchen Lagern nur zustimmen, wenn das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Zutritt hat und die Einhaltung der Flüchtlingskonvention überwachen kann.

Genau das lehnt Ankara aber bisher strikt ab. Das UNHCR sieht sich dadurch in seiner Erfahrung bestätigt, daß Flüchtlinge in der Türkei nicht mit einem fairen Asylverfahren rechnen können. In den Gesprächen mit den EU-Vertretern forderte die türkische Regierung als Gegenleistung mehr Unterstützung bei der Verfolgung der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Zudem hofft die Türkei offensichtlich, die polizeiliche Zusammenarbeit könne die Chancen auf einen EU-Beitritt erhöhen. Die EU hat die türkischen Beitrittswünsche stets mit dem Hinweis auf die eklatanten Verstöße gegen die Menschenrechte zurückgewiesen. Alois Berger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen