■ Mit Kurorten auf du und du: Kein Ruß in der Luft
Freiburg (taz) – Gemeinden, die sich mit dem Prädikat „Kurort“ schmücken wollen, müssen sich die werbewirksame Auszeichnung künftig noch härter erarbeiten: Der Deutsche Bäderverband arbeitet darauf hin, daß das Prädikat nur noch an Orte vergeben wird, in denen die Ruß- und Benzolbelastungen in der Luft strenge Grenzwerte erfüllen. Da beide Schadstoffe in erster Linie von Autos ausgestoßen werden, könnte in Gemeinden mit viel Verkehr die begehrte Auszeichnung gefährdet sein.
Der Deutsche Bäderverband will mit dem Fremdenverkehrsverband so noch besser sicherstellen, daß sich nur Gemeinden als Heilklimatischer Kurort, Seeheilbad oder Kneippheilbad bezeichnen, in denen die Luft tatsächlich höchste Qualitätsanforderungen erfüllt. Die Werte werden entsprechend streng sein: Während die Bundesimmissionsschutzverordnung noch eine Belastung von zehn Mikrogramm Benzol pro Kubikmeter Luft (Jahresmittelwert) zuläßt, will der Bäderverband in Kurorten nur noch fünf Mikrogramm tolerieren. In Orten, die sich für Kurgäste mit Atemwegserkrankungen profilieren wollen, werden selbst im Verkehrszentrum nur vier Mikrogramm Benzol geduldet. Ähnlich werden die Relationen beim Ruß sein, wo das Gesetz noch acht Mikrogramm je Kubikmeter zuläßt.
Hintergrund dafür ist die Erkenntnis, daß gerade die feinen Rußpartikel aus Dieselmotoren und das Benzol aus Ottomotoren Krebs hervorrufen können. Bislang hatte man sich bei Messungen in den Kurorten neben dem Klimagutachten auf die Messung von Stickoxiden und Grobstaub beschränkt. Weil Ruß und Benzol aber eine immer größere Rolle spielen, wollte der Bäderverband deutlich machen, daß die Kurorte auch in diesen Punkten den anderen Kommunen überlegen sind. So war es nur konsequent, daß der Bäderverband sich dafür stark machte, daß Ruß- und Benzolmessungen zur Pflicht werden. Besonders der Heilbäderverband Baden-Württemberg hatte sich dafür eingesetzt, nachdem er bereits freiwillig mit Benzolmessungen begonnen hatte: Hinterzarten im Schwarzwald wird ein Jahr lang seine Benzolwerte überwachen.
So scharf die neuen Grenzwerte auch sein werden – die überwiegende Zahl der Kurorte kann ihnen gelassen entgegen sehen. „Die meisten werden die neuen Ruß- und Benzol-Kriterien mühelos erfüllen“, prophezeit Chemiker Jochen Ballach vom Deutschen Wetterdienst. Denn Kurorte liegen meist in einer weniger belasteten Umgebung und profitieren von einer besseren Durchlüftung.
In Zukunft werden die Gemeinden ihre Vorzüge wissenschaftlich belegen können. Ein Jahr lang werden alle Anwärter auf das Kurort-Prädikat Ruß messen müssen. Überall wo der Verkehr einen gewissen Level überschreitet, ist ferner Benzol zu messen. Der Wetterdienst hat dafür in einem vom Bäderverband geförderten Forschungsvorhaben Meßverfahren entwickelt. Bernward Janzing
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