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Atommüll am spanischen Strand

Die Asche aus dem Stahlwerkunfall in Algeciras ist hoch radioaktiv. Trotzdem lagern die Abfälle ohne Schutz in zwei Müllverarbeitungsanlagen in Südspanien  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Die Asche aus dem Stahlwerk Acerinox in Algeciras, wo Ende Mai aus Versehen eine oder mehrere Cäsium-137-Kapseln eingeschmolzen wurden, ist „radioaktiver Sondermüll“. Das unabhängige Forschungslabor CRII-RAD- Labor im franzöischen Valence hat drei Proben der Asche aus dem Stahlwerk untersucht. Pro Kilogramm wurden dabei zwischen 654.000 und 1.420.000 Becquerel gemessen. Die normale Bodenbelastung liegt in Europa zwischen 1 und 5 Becquerel. „Die Asche muß über Jahrzehnte in einer speziellen und hermetisch abgeriegelten Anlage gelagert werden“, fordert Corinne Castanier, Direktorin von CRII-RAD.

Der spanische Rat für nukleare Sicherheit (CNS), bewertet die Studie als „völlig absurd“. Anstatt gesondert behandelt zu werden, liegt die Asche seit Wochen auf dem Gelände von zwei südspanischen Müllverarbeitungsanlagen, in Palos bei Huelva und in Tregenal bei Badajoz. Die Firma Acerinox verschwieg den Unfall vom 25. Mai bis zum 9. Juni und nutzte die Zeit, um die Asche abzugeben. Nach Palos gelangten 150 Tonnen, nach Tregenal 120 Tonnen.

„Das Zeug wurde, nur mit einer Plane bedeckt, im LKW die 250 Kilometer bis in die Müllanlagen gefahren“, sagt Francisco Garcia von der Umweltgruppe CEPA in Huelva. Ihm verdankt das französische Labor einen Teil der Proben. Bereits in der Woche nach Bekanntwerden des Unfalls zog Garcia mit einem Geigerzähler nach Palos zur Müllverarbeitungsanlage. Bei Messungen auf der Zufahrtsstraße tickte das Gerät heftig. Statt den üblichen 0,008 Millirem pro Stunde maß Garcia bis zu 18 Millirem die Stunde.

„30 Tonnen der Asche waren bereits verarbeitet, als der CNS die Anlagen schließen ließ“, sagt Garcia. Die Asche wurde, mit Wasser und Bauschutt vermengt, auf eine Deponie am Flußufer des Rio Tinto geschüttet. Auf der Straße zwischen Anlage und Deponie fand Garcia Flecken der Masse, die beim Transport übergeschwappt war. Er kratzte den Dreck ab und schickte ihn ins CRII-RAD-Labor. Die Untersuchung ergab eine Belastung von 940.000 Becquerel pro Kilogramm. Die Ökologen befürchten, die radioaktiven Substanzen könnten über die Fische im Fluß und in der Bucht von Huelva, wo der Rio Tinto in den Atlantik mündet, in die Nahrungskette gelangen.

„Die Verantwortlichen des CNS taten unsere Atemschutzmasken als lächerliche Verkleidung ab“, sagt Garcia. Ganz wohl war den staatlichen Atomwächtern dann doch nicht. Sie ließen die Straße mehrmals reinigen. Die Radioaktivität sank tatsächlich. „Ich glaube nicht, daß der CNS das Wasser in den Putzmaschinen und die Bürsten als Sondermüll entsorgen ließ“, sagt der CEPA-Sprecher.

Garcia verblüffte, daß die Flecken auf der Straße nicht nur Beta- und Gammastrahlen – also Elektronen- und Röntgenstrahlen – abgaben, sondern auch Alphastrahlen – also Atomkernbestandteile. „Cäsium 137 ist aber kein Alphastrahler“, gibt Garcia zu bedenken. „Die Asche beinhaltet also noch andere radioaktive Substanzen.“ Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. „Entweder hat das Cäsium im Ofen andere Metalle wie Eisen radioaktiv kontaminiert, oder beim Unfall gelangte nicht nur Cäsium, sondern auch Uran in die Öfen.“ Der CNS und Acerinox schweigen. Und das CRII-RAD-Labor arbeitet noch an Analysen der Bestandteile der Asche.

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