: Beobachter für den Kosovo
■ Holbrooke und russischer Vizeaußenminister auf Pendeldiplomatie
Belgrad (rtr) – Die USA und Rußland bemühen sich gemeinsam um eine Beendigung der Gewalt in der serbischen Provinz Kosovo, in der mehrheitlich Albaner leben.
Der russische Vizeaußenminister Nikolai Afanasjewski reiste gestern mit dem US-Vermittler Richard Holbrooke in die Kosovo- Hauptstadt Pristina zu Gesprächen mit dem Vertreter der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova. Afanasjewski äußerte sich anschließend zuversichtlich, daß die Verhandlungen der Albaner mit der Führung in Belgrad bald wieder aufgenommen werden könnten.
Holbrooke teilte nach dem Treffen in Pristina mit, im Kosovo nähmen ab heute ausländische Diplomaten ihre Arbeit als Beobachter auf. Die Patrouillen der Diplomaten seien Teil der internationalen Bemühungen zur Beilegung der Kosovo-Krise. Sie würden für eine lange Zeit zur Routine werden. Zur ersten Beobachtergruppe sollten der russische und der britische Botschafter in Jugoslawien sowie der amerikanische Geschäftsträger Richard Miles gehören. Die Patrouillen waren vom jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević und dem russischen Staatschef Boris Jelzin am 16. Juni angekündigt worden.
Rugova sprach von einem sehr wichtigen Augenblick für den Kosovo. Die Beobachter würden helfen, ein Klima des Vertrauens und des Friedens in der Provinz zu schaffen. Er rief die kämpfenden Gruppen und die Bevölkerung des Kosovo auf, den Diplomaten eine normale Arbeit zu ermöglichen. Er verwies darauf, daß die Kosovo- Albaner wiederholt eine internationale Präsenz in der Provinz gefordert hätten. Holbrooke und Afanasjewski bekundeten zugleich ihre ausdrückliche Unterstützung für Rugova, der sich mehrfach für eine friedliche Lösung für den Kosovo-Konflikt ausgesprochen hat. Rugovas Position wird von der Untergrundarmee UCK in Frage gestellt, die inzwischen etwa 30 Prozent des Kosovo kontrolliert.
UCK-Sprecher Jakup Krasniqi sagte in einem Interview des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, die Politik der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) und ihres Vorsitzenden Rugova sei gescheitert. Alle Wege zum Frieden seien verbaut, und die Serben reagierten nur auf Gewalt. Nach den vergeblichen Verhandlungen Rugovas mit Milošević entscheide derzeit die UCK im Kosovo und nicht Rugova.
Krasniqi wiederholte seine Drohung, nun Pristina anzugreifen. Die UCK-Verbände warteten nur noch auf den Befehl. Dabei rechne sich die UCK gute Chancen aus, sagte Krasniqi, der im vergangenen Jahr die LDK verlassen hatte. Die UCK bekomme jetzt genug Waffen und besitze auch Flugabwehrraketen. Zudem erwarte er im Notfall die Hilfe der anderen Albaner auf dem Balkan. Das seien immerhin fünf Millionen. Krasniqi sprach sich auch dafür aus, diese fünf Millionen Albaner in einem eigenen Staat zu vereinigen.
Albaner leben außer in Albanien in den beiden jugoslawischen Republiken Serbien und Montenegro sowie in Makedonien. Im Kosovo sind etwa 90 Prozent der 1,8 Millionen Einwohner albanischer Abstammung.
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