Stollmann erregt die Gewerkschafter

■ Einzig Walter Riester fand lobende Worte für Jost Stollmann, den Wirtschaftskollegen in Schröders Schattenkabinett. Ansonsten sind sich Gewerkschafter aus SPD und CDU einig, daß der Unternehmer nicht zu

Bonn/Berlin (AP/taz) – Die SPD will trotz anhaltender Kritik an dem Schatten-Wirtschaftsminister der SPD, Jost Stollmann, festhalten. In Gewerkschaftskreisen machte sich am Wochenende laute Kritik bemerkbar. Nur der stellvertretende IG-Metall-Chef und Schatten-Arbeitsminister Walter Riester bekundete Solidarität mit Stollmann. Der Vorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Klaus Wiesehügel, forderte dagegen Stollmanns Rücktritt. Er wurde darin von Arbeitsminister Norbert Blüm unterstützt.

Ein SPD-Sprecher erklärte, das Parteipräsidium habe den Vorschlag von Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder, Stollmann zu berufen, einmütig unterstützt. „Und dabei bleibt es.“ SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering nannte im Focus die Berufung „ein wichtiges Zeichen dafür, daß die Partei offen ist und sich der Mitte zuwendet“. Wenn man sich anschaue, was an Stollmann kritisiert werde, so seien das Aussagen über Helmut Kohl und Betriebsräte. „Für beides wird er nicht zuständig sein. Kohl ist dann in Rente, und Betriebsräte wird es auch in Zukunft geben.“

Wiesehügel forderte Stollmann auf, von seiner Kandidatur zurückzutreten. „Man kann ein hervorragender Unternehmer und gleichzeitig ein schlechter Politiker sein“, meinte er. Der Gewerkschafter, der selbst für die SPD zum Bundestag kandidiert, brachte als Alternative den Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel ins Gespräch. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer sagte im ZDF: „Wir sind der Meinung, daß wir dringend ein Bündnis für Arbeit brauchen. Das ist natürlich in erster Linie Sache des Kanzlerkandidaten, aber es müssen vor allem der Wirtschaftsminister und der Arbeitsminister am gleichen Strang ziehen.“ Betriebsräte seien laut Betriebsverfassungsgesetz unverzichtbar. „Und daran hat sich jeder zu halten.“

Stollmann hatte in dem von ihm gegründeten und 1996 verkauften Unternehmen Compunet keinen Betriebsrat. Ein „Bündnis für Arbeit“ hatte Stollmann damals mit der Begründung abgelehnt, daß „es schlicht unmöglich ist, daß Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände den Unternehmern vorschreiben, wann sie wie viele Arbeitnehmer einstellen sollen“.

Der hessische DGB-Chef Dieter Hooge schlug eine dreiwöchige „Schulungsfrist“ für Stollmann vor. Er könnte Seminare des DGB besuchen und Nachhilfe in Sachen Betriebsverfassungsgesetz nehmen. Man müsse Stollmann noch eine Chance geben, sich zu qualifizieren. „Wenn das nicht klappt und er mit seinen unternehmerischen Äußerungen nicht vorsichtiger ist, dann würde ich mich Klaus Wiesehügel anschließen“.

Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) unterstützte die Gewerkschaftskritik an Stollmann. Der Welt am Sonntag sagte er, die Angriffe gingen aber an die falsche Adresse. Eine Fürsprecherin fand Stollmann dagegen in der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Renate Schmidt. Sie verteidigte seine Berufung als „Aufbruchsignal für unser Land“. Walter Riester nannte den parteilosen Stollmann einen „Anti-Henkel, der Optimismus ausstrahlt und Deutschland nicht kaputtredet“. Riester freue sich auf die Zusammenarbeit mit Stollmann, wenn beide am Kabinettstisch sitzen.