piwik no script img

Nordirlands Oranier wollen nicht lockerlassen

■ Militante Protestanten schießen auf nordirische Polizisten. Der Oranier-Orden demonstriert weiter für seine Parade in Portadown. Nächsten Montag ist der Höhepunkt der Oranier-Märsche

Portadown (taz) – Die Schlacht um Drumcree dauert an. In der Nacht zu gestern kam die Polizei in mehreren nordirischen Städten unter Beschuß. In zwei protestantischen Vierteln Belfasts feuerten Attentäter um Mitternacht mehrere Salven aus einer Maschinenpistole auf eine Streife, im Hafenviertel kam es zu einer Straßenschlacht zwischen der Polizei und 150 maskierten protestantischen Jugendlichen, die einen Sprengsatz unter einen Einsatzwagen geworfen hatten. Zwei weitere Sprengsätze explodierten vor dem Haus eines Polizisten in der Kleinstadt Carrickfergus. Verletzt wurde bisher niemand.

Mit den Angriffen soll Druck auf den Polizeichef Ronnie Flanagan ausgeübt werden, damit er die verbotene Parade des protestantischen Oranier-Ordens über die katholische Garvaghy Road in Portadown doch noch genehmigt. Seit Sonntag lagern rund 500 Oranier an der Kirche von Drumcree. Sie haben angekündigt, solange zu bleiben, bis sie ihre Parade ungehindert abhalten dürfen. Gestern und vorgestern marschierten jeweils rund 4.000 Oranier aus anderen Landesteilen nach Drumcree, um ihre Solidarität zu beweisen.

Militante Protestanten, die gegen den Waffenstillstand der protestantischen Paramilitärs sind, wollen die Gunst der Stunde nutzen. Die ganze Provinz ist betroffen: Dutzende von katholischen oder gemischten Familien sind aus protestantischen Vierteln gewaltsam vertrieben worden, in zahlreichen Städten sind die Hauptstraßen mit Barrikaden aus Holzpaletten und brennenden Autos gesperrt worden.

Politiker aus London und Dublin haben bisher vergeblich nach einer Lösung gesucht. Und es kann nur noch schlimmer werden: Am Sonntag ist der 308. Jahrestag der Schlacht am Boyne, der wichtigste Feiertag für Nordirlands Protestanten. Die meisten Paraden aus diesem Anlaß finden am Montag statt, 25 davon sind umstritten, weil sie durch katholische Viertel führen sollen. Die britische Regierungskommission hat vorgestern festgelegt, daß einige Paraden umgeleitet werden, andere ohne Kapellen vonstatten gehen müssen, doch der seit Jahren heftig umkämpfte Marsch über die Ormeau Road in Belfast ist genehmigt worden, um die Oranier zu befrieden. Diese Rechnung ist freilich nicht aufgegangen. Darüber hinaus haben die katholischen Anwohner Protestaktionen angekündigt. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen