: Naumann ohne Titel
■ SPD will die Kompetenzen für ihren designierten Kulturbeauftragten offenhalten
Berlin (taz) – Die SPD will die Frage der Kompetenzen eines künftigen Kulturbeauftragten im Kanzleramt offenbar bis nach der Bundestagswahl offenhalten. „Darüber entscheiden wir im Zuge der Regierungsbildung“, sagte Parteisprecher Michael Donnermeyer gestern der taz. Der designiert Michael Naumann selbst erklärte in Berlin, er habe keine genauen Vorstellungen von seinen Kompetenzen als Kulturbeauftragter. Der Frage, ob er Aufgaben aus anderen Ressorts an sich ziehen werde, wich er aus.
Damit könnte es nach Einschätzung von Beobachtern zum Konflikt zwischen Naumann und Rudolf Scharping kommen, der im SPD-Schattenkabinett für Außenpolitik zuständig ist. Naumanns Einfluß wird wesentlich davon abhängen, ob es ihm gelingt, die Personal- und Finanzhoheit über einen Teil der 1,3 Milliarden Mark an Kulturfördermitteln zu erlangen, die von verschiedenen Bundesministerien verwaltet werden. Dazu gehören vor allem Budgets des Auswärtigen Amt, etwa die Etats des Goethe-Instituts sowie von Inter Nationes und des Instituts für Auslandsbeziehungen.
Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Die Grünen) bekräftigte unterdessen ihre Forderung nach einem eigenständigen Bundeskulturministerium. Naumanns Berufung sei ein „Schritt in die richtige Richtung“.
Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hatte am Wochenende den Verleger und Journalisten Naumann in sein Schattenkabinett geholt. Nach einem Wahlsieg solle er Kulturpolitik auf Bundesebene koordinieren. Klar scheint inzwischen, daß entgegen Schröders Ankündigung Naumann nicht den Titel eines Staatsministers im Kanzleramt tragen kann.
CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble hatte bereits am Sonntag abend in der ARD darauf hingewiesen, daß dafür nur Bundestagsabgeordnete in Frage kommen. „Das ist doch eine Petitesse“, kommentierte SPD-Sprecher Donnermeyer, „der Titel ist zweitrangig.“ Unter Anspielung auf den jetztigen Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Staatsminister Bernd Schmidbauer (CDU), meinte Donnermeyer, maßgeblich sei die politische Richtungsentscheidung der SPD für „Kultur statt Schlapphut“. Patrik Schwarz
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