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Grüne: Der V-Mann war ein Fehlgriff

■ Die Abgeordnete Renate Künast wirft dem Verfassungsschutz in der Scientology-Affäre schwere handwerkliche Fehler vor. Geheimdienst hat offenbar keine Kriterien, wann die Beweislage für eine offizielle S

Die bündnisgrüne Abgeordnete Renate Künast hat dem Verfassungsschutz gestern schwere handwerkliche Fehler bei der Überprüfung eines Polizeidirektors vorgeworfen, der in Verdacht geraten war, Mitglied bei Scientology zu sein. Der Beamte war am 7. April von seinen Aufgaben entbunden worden, nachdem der Verfassungsschutz seine Mitgliedschaft bei der Sekte bestätigt hatte. In der vergangenen Woche mußte die Behörde ihre Einschätzung jedoch wiederrufen. Otto D. wurde öffentlich rehabilitiert.

„Die Sachlage hat es nie hergegeben, daß Otto D. Mitglied bei Scientology ist“, erklärte Künast, die als Mitglied des Verfassungsschutzausschusses am 14. Juli Einsicht in Geheimdienstakten nehmen konnte. Dabei wurden ihr allerdings nur zusammenfassende Berichte vorgelegt und keine Protokolle von V-Mann-Berichten.

Sie zog allerdings auch den neuen Kurs von Verfassungsschutz und Innenverwaltung in Zweifel, wonach überhaupt nichts an den Vorwürfen gegen Otto D. dran sei. „Ich habe da noch Klärungsbedarf.“

Das Landesamt für Verfassungsschutz verfüge über keinerlei Richtlinien, welche Anforderungen an eine Beweislage gestellt werden müssen, wenn eine Stellungnahme nach außen gegeben werde, kritisierte Künast. Darauf seien die Verfassungsschützer offenbar nicht vorbereitet. Was die Identifizierung von Otto D. durch einen V-Mann betrifft, bemängelte sie, daß der Quelle nicht mehrere Fotos vorgelegt wurden. Auch ein baden-württembergischer Verfassungsschützer bestätigte der taz, daß es „gängige Praxis“ sei, zur Identifizierung Fotos verschiedener Personen vorzulegen, „um Zufallstreffer auszuschließen“.

Wenn die Anschuldigungen gegen Otto D. 100prozentig nicht stimmten, dann stimme fast gar nichts von den Erkenntnissen der Verfassungsschützer über die Psychosekte, so Künast. „Das fällt wie ein Kartenhaus zusammen.“ Doch nicht nur die Quellenlage des Verfassungsschutzes ist offenbar dünn, sondern auch die Auswahl eines V-Mannes findet Künast kritikwürdig. „Ich habe begründeten Anlaß, davon auszugehen, daß bei der Auswahl der Informanten Fehler gemacht wurden“, erklärte Künast. Eine Äußerung von CDU- Fraktionschef Klaus Landowsky, wonach „kriminelles Protz- und Intrigantenmilieu“ nicht Partner des Verfassungsschutzes sein dürfe, beschreibe treffend das Kaliber des Informanten.

Künast verglich die Geheimdienstpanne mit einem Verfassungsschutzskandal, der Ende 1988 für Aufsehen sorgte. Der Verfassungschutz hatte den V-Mann Steffen Telschow auf den SPD-Abgeordneten Erich Pätzold angesetzt, der damals als Parlamentarier für die Kontrolle des Geheimdienstes zuständig war. Auch damals seien bei der Auswahl des V-Mannes schwere Fehler gemacht worden, so Künast. Als politisch Verantwortliche der jüngsten Affäre nannte sie Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), den für den Verfassungsschutz zuständigen Staatssekretär Kuno Böse und der Verfassungschutz selbst. Es genüge daher nicht, daß der Innensenator die Vorgänge überprüfe. Vielmehr müsse den Mitgliedern des Verfassungsschutzausschusses volle Akteneinsicht gewährt werden. Dorothee Winden

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