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KommentarDie SPD beißt, bevor die Union bellt

■ Innere Sicherheit ist kein exklusives Thema der Union

Die standfestesten Sozialdemokraten befinden sich zur Zeit in der Union. Von niemandem wird der Ausverkauf sozialdemokratischer Prinzipien bitterer beklagt als vom Regierungslager. Ob Riester über Grundsicherung räsoniert, Stollmann das Ende der Mitbestimmung propagiert oder Otto Schily Law and order intoniert – noch bevor die Genossen in der Partei sich eine Meinung darüber gebildet haben, ob sie eine haben dürfen, erschallt das donnernde „Verrat“ der Gegenseite.

Die SPD habe ihre eigenen Grundsätze verraten, lamentiert Theo Waigel nach Lektüre der Schilyschen Thesen zur Inneren Sicherheit. Ein veritables Schaf im Wolfspelz macht gar Wolfgang Schäuble aus. Nun ist der Verratsvorwurf so alt wie die SPD selbst. Grundsätze wurden schon immer so schnell verabschiedet, wie von ihnen Abschied genommen wurde – ohne daß die Partei je nachhaltigen Schaden an ihrem Wesen erlitten hätte.

Wieso beklagt Waigel namens der Union eine Wende, für die er doch dem heiligen Georg ein paar Kerzen des Dankes stiften müßte. Die Antwort: Die SPD rückt ihm zu eng auf den eigenen Wolfspelz. Die Union fürchtet um den Heimvorteil, der ihr auf dem Feld der Inneren Sicherheit immer schon beschieden war. Sie hatte, wie manch linker Kritiker, auf eine SPD gesetzt, die beim Thema Sicherheit und Ordnung einfach nur dagegenhält. Nun sieht die Union ihre Chancen schwinden, durch massiven öffentlichen Druck die SPD in Zugzwang zu bringen, was bei früheren Wahlkämpfen meist in einem heillosen Hinterhergerenne endete.

Mit ihren Vorschlägen kann die Union kaum noch eine sicherheitspolitische Position besetzen, die nicht durch Schilys Papier gedeckt wäre. Das wird die sozialdemokratische Wählerklientel in der Mitte vielleicht nicht nennenswert ausweiten, schützt aber vor Einbrüchen. Die SPD hat dafür ihre bürgerrechtliche Flanke geschwächt, das schafft den Grünen Raum zur Profilierung. Denn sie sind die einzigen, die mit Aussicht auf Erfolg die verlassenen Positionen für sich reklamieren können. Während also den Grünen die Distanz zur Sicherheitspolitik der SPD im Wahlkampf nützt, schadet die Nähe der CDU/CSU. Die mag sich damit trösten, daß im Falle einer gemeinsamen Regierung die Verhandlungen über die Innere Sicherheit dafür um so einfacher werden. Dieter Rulff

Bericht Seite 4

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