: Yetis gar kochen und aufessen
■ Die achte Ausgabe des ungewöhnlichen Printmagazins „shift“
Was ausgerechnet Kochen mit Macht zu tun hat? Nun, entweder man grübelt ein wenig und kommt selber drauf – oder man öffnet eine von anderthalbtausend Polypropylen-Lunchboxen und läßt sich von 40 buntbedruckten Pappkärtchen inspirieren... Natürlich könnte man auch einfach in die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift shift! schauen – aber das läuft aufs selbe hinaus.
Seit zweieinhalb Jahren erscheint nun schon alle paar Monate eine neue, monothematische Edition des ungewöhnlichen Printmagazins. Und nachdem shift! sich bereits mit Erfolg Begriffen wie „Null“, „Fleisch“, „Goethe“ oder „Berlin“ widmete, kommt das nunmehr achte Heft „Macht.Spiele – Das Kochbuch von shift!“ eben als praktische Lunchbox mit kartonierten Machtrezeptvorschlägen und Machtphantasierezepten daher, na und?
Da mag das Macht-meets-Kochen-Konzept letzlich noch so beliebig sein, der kreative Willkürakt ordnet sich dennoch mit Leichtigkeit in ein sinnig-buntes Durcheinander. Schon das Editorial, an das ein Tütchen Saatgut geklebt ist, grüßt mit Ypsscher Spielfreude, zumal shift! empfiehlt, die (wahlweise) textmarkergrüne, müllmannrote, neonweiße Plastikbox vorübergehend als Blumentopf zweckzuentfremden. Doch auch die übrigen Kärtchen, ordentlich in Rubriken wie „Pausenbrote“, „Herzhaftes“ und „Götterspeisen“ sortiert, kommen mit der mächtigen Aufgabenstellung prima zurecht: Ob Yeti blau („Yeti erlegen – gar kochen – aufessen“) oder Volksauflauf („Keine Idee haben. Keine Methode haben. Keine Lösung haben. Glück haben.“), ob Pestessenz, Pilzragout „Surprise“ oder eben „normales“ wie Grillspieße, Cocktails und Käsebirnen mit Pistazien – für shift! wird alles zur Rezeptidee.
Die Vielfalt ist nicht weiter verblüffend, geht doch zu jeder neuen Ausgabe ein Aufruf in die Welt, sich zum jeweils vorgegebenen Thema etwas einfallen zu lassen. Mehr als 700 Adressen stehen inzwischen auf der shift!-eigenen Mailinglist. Aber auch wer nicht zu den Auserwählten zählt, darf seine Einfälle gern in die Kreuzberger Willibald-Alexis-Straße schicken. Dort nämlich – im Hinterzimmer der Ladengalerie, in der auch schon die Tip-Freizeitliteratenriege vom Labor oder die deutschen Easy-Listening-Vorreiter vom le hammond inferno ihr Unwesen trieben – sitzt die shift!-Redaktion in Gestalt der beiden sympathischen Grafikerinnen Anja Lutz (28) und Dorothee Mahnkopf (31). Diese kümmern sich gemeinsam mit dem Produktionsleiter Dipl.-Ing. Horst Libera in ihrer Freizeit darum, daß die limitierte Auflage von 1.500 Exemplaren zustande kommt und ihre Leser findet. Und wenn mittlerweile sogar aus Singapur und Beirut shift!-Bestellungen eingehen, dann ist die Freude darüber auch schon der ganze Lohn für die liebe Müh.
Erklärtes Ziel: in multimedialen Zeiten ein Printmagazin zu machen, das dessen formale, inhaltliche und gestalterische Konventionen überschreitet und untergräbt. Wie heißt es doch so schön im „Käsenbirnen mit Pistazien“-Rezept: „...schmeckt auf alle Fälle komisch.“ Christoph Schultheis
„shift!“ gibt's für 22 Mark im Kunstbuchhandel und unter Tel. 6937814 (Fax 6937844)
„shift!“-Party mit DJ Goldmine, Gesang und Performance: heute, 22.30 Uhr, Festsaal des Theologischen Konvikts, Borsigstr. 5
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