piwik no script img

■ QuerspalteDer 35-Millionen-Mark-Mann

Ja, ich gestehe es. Ich bin einer der Dummköpfe, die in der vergangenen Woche erstmals im Leben Lotto gespielt haben. Angelockt vom 35-Millionen-Rekord-Jackpot. Und wie es sich für einen Dummkopf gehört, war das Glück auf meiner Seite: Ich habe nichts gewonnen. Sonst hätte ich die ewige Traumerfüllungsrangliste der deutschen Lottospieler abarbeiten müssen: erstens ein Haus kaufen, zweitens auf eine Weltreise gehen und drittens ein neues Auto anschaffen.

Ich will kein Traumhaus, und ich hasse Reisen, und ich habe nicht einmal einen Führerschein. Also hätte ich als 35-Millionen-Mark-Mann eine meiner lästigen Allmachtsphantasien verwirklichen müssen. Zum Beispiel einen Zeitungsbetrieb aufkaufen wie die taz. Dann doch lieber etwas Sinnvolles tun. Welcher Riesennervensäge kann man mit fünf, ach was zehn Millionen den Mund stopfen? Heribert Faßbender? Apropos Gerhard Schröder: Im RTL-„Sommer-Interview“ am vergangenen Freitag antwortete er auf die Frage, ob er angesichts des gigantischen Jackpots Lotto gespielt habe: „Ich habe einen Jahreslottoschein!“ Was wird Schröder wohl für Zahlen getippt haben? Nach der Lektüre von Karl Boschs Buch „Lotto und andere Zufälle“ kann ich es genau sagen: 7, 9, 10, 11, 17, 19. Die, nach statistischen Untersuchungen, populärsten Zahlen deutscher Tipper. Gerhard ist einer von uns. Auch wenn er auf die RTL-Frage, was er denn täte, wenn er den Jackpot gewänne, antwortete: „Ich muß mich damit nicht beschäftigen, die Wahrscheinlichkeit, am 27. September zu gewinnen, ist größer.“ Bitte, Fortuna, laß ein einziges Mal Schröder den Jackpot knacken. Schenk ihm eine kleine Ablenkung von seiner Selbstzufrieden- und -sicherheit. Mit 35 Mega-Penunzen könnte der Präkanzler seine Machtphantasien zu Hause lassen und eine lange, lange Weltreise über den 27. September hinaus antreten. Oder, Fortuna: Laß mich beim nächsten Mal gewinnen. Ich werde mit dem Geld auch etwas Sinnvolles anfangen. Versprochen. Aber entscheide dich gefälligst: er oder ich. Michael Ringel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen