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Polens Regierung in Sorge

■ Polnischer Primas unterstützt die „Verteidiger des Papstkreuzes“ in Auschwitz

Warschau (taz) – Wegen des anhaltenden Konflikts um inzwischen knapp 100 Holzkreuze vor dem ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau fürchtet die polnische Regierung jetzt um das internationale Ansehen des Landes, wie aus einer am Samstag in Warschau verbreiteten Erklärung hervorgeht. Auch der jüdisch-polnische Dialog nehme Schaden, kritisierte die Regierung.

Am Donnerstag hatte sich der Primas der katholischen Kirche Polens, Jozef Glemp, auf die Seite der ultrakatholischen und antisemitischen „Verteidiger des Papstkreuzes“ gestellt. Die „Intervention des israelischen Staates“ habe den Konflikt verschärft, so der Primas in einer öffentlichen Stellungnahme.

In Wirklichkeit hatten zwei israelische Regierungsmitglieder in einem informellen Gespräch mit dem Botschafter Polens darum gebeten, daß die polnische Regierung sich um eine Lösung des Konflikts bemühen möge. Für den Primas bedeutet diese informelle Bitte einen „Eingriff in die Souveränität Polens“.

Zwar habe Kazimierz Switon, ein früherer Parlamentsabgeordneter, der schon mehrfach für seine antisemitischen Äußerungen vor Gericht stand, auf die „Gefahr“ übertrieben reagiert – mit einem sechswöchigen Hungerstreik vor der Gedenkstätte und der Drohung, sich selbst zu verbrennen, wenn das „Papstkreuz“ nicht an seinem Platz bleibe. Doch, so Primas Glemp wörtlich: „Im Namen der Wahrheit muß man zugeben, daß die Gesellschaft zur Verteidigung des Papstkreuzes nicht von ungefähr entstanden ist, sondern aufgrund der ständig zunehmenden Belästigung durch die jüdische Seite, die die schnellstmögliche Entfernung des Kreuzes fordert.“

Kazimierz Switon hat sich für die Hilfe des Primas bereits bedankt: „Wenn es den Juden hier nicht gefällt, können sie ja gehen.“ Gaby Lesser

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