: Klemann kriegt die Kurve
■ Verkehrssenator spricht sich Überraschend für Rückbau der Leipziger Straße bis Alex aus. Auslöser war Spitzengespräch mit Strieder
Nach monatelangem Tauziehen um die Verkehrsführung in der Leipziger Straße hat sich nun auch Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) für einen Rückbau des Straßenzugs zwischen Molkenmarkt und Charlottenstraße ausgesprochen. Dies bestätigte gestern Klemanns Sprecherin Petra Reetz. Klemann habe mehrfach sein Unbehagen über den breiten Straßenzug geäußert, der den „Charakter einer Autobahn“ habe. Ein Rückbau müsse deshalb sein. Darüber hinaus, so Reetz, könne sich der Verkehrssenator auch vorstellen, den Straßentunnel unter dem Alex im Verlauf der Grunerstraße zuzuschütten.
Anlaß dieser überraschenden Bewegung im Hause des Verkehrsenators war ein Spitzengespräch zwischen Klemann, Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), dessen Staatssekretär Hans Stimmann sowie Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit bereits im Juni. Damals war es, so Reetz, um einige „prinzipielle Fragen“, darunter auch die städtebauliche Situation des Spittelmarkts gegangen. Neben einem Ausweichstandort für das Bekleidungsgeschäft Ebbinghaus auf der nördlichen Seite des Spittelmarkts und dem damit verbundenen Durchbruch der Lindenstraße zur Leipziger Straße stand zum wiederholten Male auch eine Diskussion über den Rückbau des Straßenzugs Leipziger Straße, Mühlendamm und Grunerstraße auf der Tagesordnung. Dabei habe Klemann Bereitschaft signalisiert, über einen Rückbau zu verhandeln, so Reetz. Ende dieses Monats sollen die Verhandlungen in einem zweiten Spitzengespräch fortgesetzt werden.
Mit dieser verkehrspolitischen Kehrtwende ist Klemann den städtebaulichen Vorstellungen seines Kollegen Strieder im Planwerk Innenstadt einen großen Schritt entgegengekommen. Der Projektleiter des Planwerks, Wolfgang Süchting, begrüßte gegenüber der taz Klemanns Rückbauüberlegungen: „Das würde uns sehr überraschen, aber auch sehr freuen“, so Süchting. Im Planwerk Innenstadt ist der Rückbau des überdimensionierten Straßenzugs eine wesentliche Voraussetzung für die Verdichtung der Innenstadtbebauung.
Einen Straßenrückbau durch eine weitere Bebauung mit Häusern lehnt der Verkehrssenator allerdings nach wie vor ab. Ein zweiter Dissens, so Reetz, sei die Straßenführung über die Gertraudenbrücke. Während Strieder den Verkehr über die alte Brücke führen will, lehne Klemann dies aus technischen Gründen ab, stünde aber auch einem Rückbau der breiten neuen Brücke nicht ablehnend gegenüber.
Die bündnisgrüne Abgeordnete Rita Keil wertete Klemanns Schwenk gestern positiv. „Der Prüfpunkt beim Rückbau des Straßenzugs“, so Keil, „ist aber nach wie vor der Bau der Straßenbahn.“ Dazu hieß es aus der Verkehrsverwaltung lediglich, daß sich Auto- und Straßenbahnverkehr auch im rückgebauten Zustand nicht unbedingt ausschließen müßten. Uwe Rada
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