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Bosnische Kroaten vor UNO-Tribunal

■ Angeklagte sollen 123 Muslime bei lebendigen Leib verbrannt haben

Wien (taz) – Vor dem UNO- Tribunal in Den Haag begann gestern der bislang größte Prozeß gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher. Den sechs Angeklagten im Alter zwischen 31 bis 43 Jahren werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 22 Fällen und Kriegsverbrechen in 16 Fällen zur Last gelegt. Alle hatten vor der Eröffnung des Verfahrens auf nicht schuldig plädiert.

Nach Erkenntnissen der Tribunalermittler hatten kroatische Soldaten am 16. April 1993 die muslimische Siedlung Ahmice im zentralbosnischen Lasva-Tal umzingelt, und 123 Kinder und Frauen in ihre Wohnungen eingesperrt. Anschließend zündeten sie die Häuser an. Wichtigste Beweisstücke für die internationalen Ankläger in Den Haag sind abgefangene Funksprüche und Aussagen der Angeklagten gegenüber niederländische UNO-Kommandeuren, bei denen sie sich selbst mit ihren Verbrechen brüsteten.

Die beiden Brüder Zoran und Mirjan Kurpreskić, deren Vetter Vlatko Kupreskić und die drei anderen ehemaligen bosnisch-kroatischen Soldaten Drago Josipović, Dragan Papić und Vladmir Santić waren erst auf massiven Druck der Vereinigten Staaten hin von der kroatischen Regierung in Zagreb im vergangenen Jahr in die Niederlande überstellt worden.

Doch auch nach ihrer Überstellung werden die Tatverdächtigen in ihrer Heimat durchweg als Helden gefeiert. Ständig beteuern Verwandte und Freunde vor laufenden Kameras ihre Unschuld und säen dabei Haß.

Eine Verwandte der Kurpreskić etwa meinte kürzlich, die Soldaten hätten schließlich nur „das bedrohte Kroatientum gegen die islamische Übermacht verteidigt“, so wie es ihnen seinerzeit von General Tihomir Blaskić befohlen worden sei. In der Tat war Blaskić der mutmaßliche Anstifter zum Massaker in Ahmice und die in Den Haag Angeklagten nur seine Gehilfen bei der Ausführung der Verbrechen.

Gegen Blaskić, der ebenfalls in niederländischem UNO-Gefängnis einsitzt, läuft ein seperates Verfahren wegen Anstiftung zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ob beide Verfahren zusammengelegt werden und ob die sechs angeklagten bosnischen Kroaten ihren ehemaligen Vorgesetzten belasten werden, bleibt zumindest vorerst Spekulation. Karl Gersuny

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