: Polizei piesackt Punks
■ Oldenburger Punks liegen im Clinch mit der Polizei / Abschiebungen an die Stadtgrenze an der Tagesordnung / Punks nach Abriß des alten VfB-Stadions obdachlos
Oldenburg. Oldenburger Punks liegen in heftigem Clinch mit der örtlichen Polizei. In den vergangenen Wochen wurde die Szene aus etwa 30 Personen mehrfach von den Ordnungshütern auseinandergetrieben, geräumt, in Gewahrsam genommen und am Stadtrand – angeblich sogar noch weiter im Umland – ausgesetzt. Dabei soll es nach Angaben der Punker durch Schlagstockeinsatz und andere Brutalitäten mehrere Leicht-Verletzte gegeben haben. Unter den Ausgesetzten hätten sich zudem zwei 14jährige Mädchen befunden, die zwischen 21 und 22 Uhr am Stadtrand ohne Geld von der Polizei abgesetzt worden seien.
Von der Polizei Oldenburg wird dies nicht dementiert. Man habe aber niemals minderjährige oder betrunkene beziehungsweise orientierungslose Personen ausgesetzt, heißt es. Ursache für das Vorgehen der Polizei seien die Punks selbst. „Es hat immer wieder Beschwerden der Anwohner am Waffenplatz oder am Leffers-Eck gegeben“, so Heinz Brandes vom zuständigen 2. Kommissariat Oldenburg. Zudem würde mit Bierdosen und -flaschen geworfen. Und Passanten seien angepöbelt worden.
„Diese Situation können wir so nicht hinnehmen“, konstatiert Brandes. Die Polizei habe laut Gefahrenabwehrgesetz das Recht, Personen zum Beispiel am Stadtrand abzusetzen, um sie aus dem Verkehr zu ziehen. „Das ist selbst für die Beteiligten besser, als sie fünf Stunden lang festzunehmen“, sagt Polizist Brandes. Anlaß für eine solche „Gefahrenabwehr“ könnten Pöbeleien, Randale oder aggressives Betteln sein, wie jetzt bei der Punkszene, so die Polizei Oldenburg. Die „Gefahrenabwehr darf aber niemals diskriminierend sein“, erläutert Brandes.
Doch als genau das empfinden die Beteiligten das aktuelle Vorgehen der Polizei. Nach Angaben mehrerer Personen aus der Szene, die sich als Pille, Dieter, Mops und Biensäng bezeichneten, würden die Ordnungshüter völlig überzogen reagieren. „Wir pöbeln hier nicht rum. Natürlich trinken wir Bier und hören Musik. Aber das hat früher auch niemanden gestört“, beschwert sich Pille. „Außerdem wollen wir mit unserem Aufenthalt in der Innenstadt auf unsere Situation aufmerksam machen. Darum haben wir der Stadt auch einen Brief geschrieben.“
Darin kritisieren die Punks, daß die Stadt ihr Domizil am alten VfB-Stadion abgerissen hat. Die alten Einrichtungen auf dem Gelände dienten den Punks als Unterkunft. Dann sind am 3. August die Klinkerbauten und eine Barrikade der Besetzer eingerissen sowie die Punks geräumt worden. Der erste Zusammenstoß zwischen 42 Polizisten und 21 Punks im augenblicklichen Dauerclinch.
Die Stadt behauptet allerdings, daß Stadion habe man abreißen müssen, weil es baufällig und einsturzgefährdet gewesen sei. „Mit den Punks hatte das überhaupt nichts zu tun“, beteuert Oldenburgs Sprecher Jürgen Krogmann. Im Gegenteil: „Bereits seit geraumer Zeit liegen Bebauungspläne für das Gelände vor. Nur der Investor ist abgesprungen“, so Krogmann. Darum habe die Stadt jetzt angesichts der Baufälligkeit reagieren und das alte Stadion per Ersatzvornahme abreißen lassen müssen. Kosten: 50.000 Mark.
Dennoch ist die Stadt nach eigenen Aussagen bemüht, den Konflikt mit den Punks aus der Welt zu schaffen. Sprecher Krogmann: „Daß die sich ärgern, weil ihre Unterkunft weg ist, ist verständlich. Wir lassen uns als Stadt aber auch nicht unter Druck setzen.“ Gemeint ist das angeblich provokante Verhalten der Punks am Leffers-Eck sowie deren Forderung nach einem neuen Domizil.
Szenekenner sehen jedoch noch einen anderen Grund für das Vorgehen der Polizei und das Bemühen der Stadt: Fast auf den Tag genau drei Jahre ist es her, daß sich ein Häuflein Punks in der Oldenburger Innenstadt mit rund 1.000 Polizisten konfrontiert sah. Anlaß war ein anonymes Flugblatt gewesen, daß die Hannoveraner Chaostage nach Oldenburg verlegt werden sollten. Auch an diesem Wochenende ist angeblich wieder eine „Punkparty“ an der Hunte geplant. Jeti
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