: Mehr Transparenz bei Steuern
■ FDP-Stiftung für radikale Einschnitte im bisherigen Finanzsystem. Steuereinnahmen von Bund und Ländern sollen getrennt werden. Otto Graf Lambsdorff präsentiert neues Konzept
Bonn (epd) – Eine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern und Politikern hat sich für eine radikale Neuordnung der Finanzverantwortung zwischen Bund und Ländern ausgesprochen. Bei der Vorstellung des als „Liberales Manifest“ überschriebenen Konzeptes plädierte der Vorsitzende der FDP-nahen Friedrich-Naumann- Stiftung, Otto Graf Lambsdorff, gestern in Bonn für einen „echten Wettbewerbsföderalismus“.
Föderalismus bedeute nicht Gleichmacherei, heißt es in dem Manifest. Das Papier haben neben anderen der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, der frühere Bundesbankpräsident Karl- Otto Pöhl, der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (beide SPD) sowie der Kölner Finanzwissenschaftler Karl- Heinrich Hansmeyer unterzeichnet. Das derzeitige System mit der Vermischung von Zuständigkeiten erleichtere den Politikern das Abwälzen von Verantwortung und erschwere für die Bürger die Kontrolle, rügte Otto Graf Lambsdorff. Eine Reform der Finanzverfassung, die konsequent das Subsidiaritätsprinzip anwende, schaffe klare Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Damit verringerten sich die Möglichkeiten der Blockade.
Die Arbeitsgruppe schlägt im einzelnen vor, daß die Steuereinnahmen von Bund und Ländern getrennt werden, damit jede staatliche Ebene über eigene Einnahmen verfügt. Die derzeitige Mischfinanzierung bei „Gemeinschaftsaufgaben“ in den Bereichen Agrarstruktur, regionale Wirtschaftsförderung und Hochschulen soll ersatzlos gestrichen werden. Diese Aufgaben sollen allein bei den Ländern liegen.
Langfristig müßten alle „Verbundsteuern“, deren Aufkommen sowohl Bund und Ländern zufließt, abgeschafft werden. Die Einkommens- und Körperschaftssteuer sollte von Bund und Ländern gleichermaßen erhoben werden können. Allerdings ist vorgesehen, daß der Bundesanteil an dem Aufkommen auf zwei bis fünf Prozent begrenzt wird. Hingegen sollen die indirekten Steuern, wie Mehrwert- oder Mineralölsteuer, allein dem Bund zufließen.
Den Vorschlag von Finanzminister Theo Waigel (CSU), die direkten Steuern den Ländern und die indirekten dem Bund zu überlassen, lehnte Lambsdorff ab. Eine exklusive Aufteilung der Steuerarten auf den verschiedenen Ebenen des Staates behindere den Wettbewerb.
Der bisherige Finanzausgleich soll den Vorstellungen zufolge drastisch vereinfacht und verringert werden. Der Wirrwarr der verschiedensten Ausgleichsmechanismen mit unterschiedlichen Zielen müsse entwirrt werden, so Lambsdorff.
Für Ausgleichszahlungen unter den Ländern wird als alleiniger Zweck die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Länder empfohlen. In dem vereinfachten Finanzausgleichssystem sollen die fälligen Zuweisungen jeweils zur Hälfte von Bund und Ländern aufgebracht werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen