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Schmökern per PC

■ Bescheidene Mittel, unbescheidenes Ziel: Hamburgs Öffentliche Bücherhallen auf dem Weg ins digitale Zeitalter

„So neu ist das Konzept eigentlich nicht“, gesteht Regine Schmolling, Lektorin für EDV und Internetkoordinatorin der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB). Seit dem 4. August sind in der Zentralstelle der HÖB zwei PCs mit Netzzugang für die Kunden aufgestellt. Der neue ServicebereichComputerwelten, so die Verantwortliche selbst, sei aber in einer Großstadt nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Mit bescheidenen Mitteln verfolgt Schmolling ein gar nicht bescheidenes Ziel: Die Hamburger sollen „medienkompetent“ gemacht werden. Dazu sind die schon vorhandenen Bestände zum Thema EDV – 5000 Computerbücher, 2000 CD-Roms und 900 Sach-Videos – neu zusammengestellt worden. Hinzugekommen sind die beiden Internetterminals.

Um speziellere Fragen der Kunden beantworten zu können, wurden die BibliothekarInnen geschult. Computerwelten bleibt ein Versuch, der Forderung der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände nach einer ausgebauten „Software- und Computerbibliothek“ gerecht zu werden.

Für 2,50 Mark pro halber Stunde haben Besucher die Möglichkeit, spezielle Recherchen durchzuführen oder einfach nur im Internet zu surfen. Regine Schmolling möchte damit neben Spezialisten vor allem Kinder und Jugendliche ansprechen und ihnen einen kreativen Umgang mit dem Internet nahebringen, „damit sie sich nicht in chatgroups verlieren“.

Doch wirklich zufrieden mit der Entwicklung ist sie nicht: „Solange wir unseren Katalog nicht im Internet haben, ist das nur eine halbherzige Angelegenheit.“ Es gibt also noch eine Menge zu tun. Hamburgs Computerwelten können sowieso lange nicht mit EDV-Abteilungen der Bibliotheken anderer Städte mithalten. Die Computerbibliothek Paderborn zum Beispiel bietet ihren Kunden doppelt so viele EDV-Bücher wie die HÖB und ganze sechs Internetarbeitsplätze. Die Gründe, warum sich Hamburgs Bibliotheken erst jetzt und so vorsichtig dem neuen Medium Internet öffnen, sind klar: „Es beißt sich, wenn Schließungen ins Haus stehen, mit innovativen Programmen aufzuwarten.“

Auch in einigen der Stadtteilbibliotheken gibt es Internetterminals, doch werden sie meist nur durch Bibliotheksangehörige zu Auskunftszwecken genutzt. Dort, wo Kunden Zugang haben, wird aber auf bestimmte Zielgruppen gesetzt. In Mümmelmannsberg etwa leiten Jugendliche selbst ein Internetcafé mit einem Netzzugang, das Schüler ansprechen soll. In der Stadtteilbibliothek Altona möchte Schmolling den Schwerpunkt Kinderbücher gerne mit einem speziellen Internet-Angebot für die jüngsten Altersgruppen ausbauen. Doch das sei „Zukunftsmusik“. Bleibt abzuwarten, ob die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen bereit sind, den Weg ins digitale Zeitalter zu beschreiten.

Tina von Löhneysen

„Sternstunde bei der HÖB“: 7. September, 19.30 Uhr. Im fünften Stock der Zentralbibliothek, Große Bleichen 25, führt Rainer Kayser vor, was im Internet zum Thema Astronomie zu finden ist.

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