: Neue Millionenschulden gut kaschiert
■ Ein Taschenspielertrick soll dem Häfensenator beim Schuldenmachen helfen / So könnte er den Überseehafen für 25 Millionen Mark schnell zuschütten lassen / Ziel: Ein neues Gewerbegebiet
Für „Öffentlichkeitsarbeit nicht geeignet“ steht unter einer Beschlußvorlage, mit der Häfensenator Uwe Beckmeyer den Senat unmittelbar nach den Sommerferien überraschen will: Senat und Finanzausschuß sollen bis zum 11. September schnell und verbindlich ihr Ja-Wort geben zu 25 Millionen Mark zusätzlichen Schulden. Denn Beckmeyer will jetzt auch den zweiten Teil des Überseehafen-beckens zuschütten lassen, der für die geplante Großmarkt-Umsiedlung nicht gebraucht wird.
Das Problem ist seit Monaten bekannt: Noch im März hatte der Senat beschlossen, daß es ohne eine gesicherte Finanzierung kein grünes Licht für das weitere Zuschütten des Hafenbeckens geben werde. Weil der Häfensenator die dafür nötigen 25 Millionen Mark in seinem Haushalt nicht darstellen kann, spielt er jetzt plötzlich auf Zeitdruck: Die Firmen, die den Sand derzeit aus der Außenweser baggern und in den Hafen liefern wollen, warteten dringend auf die Entscheidung über eine weitere Hafen-Verfüllung. Sand, der später eigens gekauft werden müßte, würde viel teurer. „Aufgrund der ausgesprochen knappen Terminlage“, heißt es in der Senatsvorlage, sollten Beschlüsse sofort gefaßt werden, die Wirtschaftsförder-Ausschüsse müßten umgangen werden.
Das war im Grunde im März schon bekannt, damals sollte der Zeitdruck aber andersherum wirken: Beckmeyer sollte gezwungen werden, in seinem Ressort die 25 Millionen an anderer Stelle einzusparen, wenn er unbedingt zuschütten lassen will. Insbesondere das für Stadtplanung zuständige Bauressort hoffte, daß Beckmeyer aus seinem Haushalt dafür kein Geld ausgeben und deshalb lieber auf das Zuschütten verzichten würde.
Das vom Häfensenator der vertraulichen Senatsrunde vorgelegte Papier sieht nun aber anstelle eines „Finanzierungskonzeptes“ für das Zuschütten des zweiten Teils des Überseehafens vor, daß die erforderlichen 25 Millionen Mark schlicht als neue Schulden aufgenommen werden; dies allerdings nicht im offiziellen Landeshaushalt, sondern in einem Schattenhaushalt der „HAGöF“, einer zu 100 Prozent staatlichen GmbH. Im Jahre 2003 sollen diese 25 Millionen wieder erwirtschaftet werden, indem dann die Grundstücke verkauft werden, die demnächst auf den Flächen der verfüllten Hafenbecken entstehen sollen. Das Häfenressort hält dabei einen Preis von 100 Mark pro Quadratmeter für das Jahr 2003 für realistisch.
Doch schon heute ist die normale Erschließung vor Gewerbeflächen für das Land ein Zuschußgeschäft. Die Preise für Gewerbegrundstücke werden erheblich subventioniert; sogar im Technologiepark Universität kostet der Quadratmeter derzeit weniger als 100 Mark, in normalen Industriegebieten geht die Stadt bis auf 50 Mark pro Quadratmeter herunter. Der „Finanzierungsplan“ für den Überseehafen ist deswegen ein Taschenspielertrick: Selbst wenn die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen ausreichen sollten, um das Auffüllen des Hafenbeckens mit Sand nachträglich zu bezahlen, würde dies nur bedeuten, daß alle weiteren Erschließungskosten, die sonst wenigstens teilweise aus den Grundstückkosten gedeckt werden, als Zuschuß aus der Staatskasse fließen müssen. So oder so entstehen die Zuschütt-Kosten also zusätzlich.
Die windige Finanzierungs-Legende ist so leicht durchschaubar, daß die gesamte Beschlußvorlage, die dem Häfensenator normalerweise eine Erfolgsmeldung wert wäre, für Öffentlichkeitsarbeit „nicht geeignet“ gestempelt wurde. K.W.
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