: Diepgen-Linie setzt sich durch
Das Berliner Parlament hat eine Resolution zum Holocaust-Mahnmal verabschiedet, die sich nicht auf den geplanten Standort am Brandenburger Tor festlegt ■ Aus Berlin Dorothee Winden
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag abend mit den Stimmen von SPD- und CDU- Fraktion eine Resolution zum Holocaust-Mahnmal verabschiedet, die die Position des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) bekräftigt. Diepgen hatte vor zwei Wochen sowohl den geplanten Standort südlich des Brandenburger Tores als auch den von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und dem Förderkreis favorisierten Entwurf von Peter Eisenman abgelehnt. Diepgen und Kohl waren zudem übereingekommen, daß vor der Bundestagswahl keine Entscheidung mehr fällt.
In dem gemeinsamen Antrag haben sich SPD und CDU zwar für ein Holocaust-Mahnmal „im Zentrum Berlins“ ausgesprochen, sich aber nicht auf einen Standort festgelegt. Nicht einmal die Formulierung „im Regierungsviertel“ konnte die SPD durchsetzen. Auch wenn aus SPD-Kreisen versichert wird, die vage Festlegung auf das Stadtzentrum diene vor allem der Gesichtswahrung des Koalitionspartners CDU, fällt die Resolution noch hinter das Senatsvotum der vergangenen Woche zurück. Darin hieß es immerhin, der geplante Standort südlich des Brandenburger Tores werde „weiterhin für sinnvoll gehalten“, aber auch andere im Zentrum gelegene Orte wurden zur Prüfung empfohlen.
Durchsetzen konnte sich die SPD in zwei Punkten. Die Resolution spricht sich dafür aus, daß die Auslober – der Bund, das Land Berlin und der private Förderkreis – noch vor dem Umzug von Bundestag und Bundesregierung eine Entscheidung zur Errichtung des Denkmals treffen. Außerdem soll „entsprechend der politischen und nationalen Bedeutung des Denkmals der neu gewählte Deutsche Bundestag eine grundsätzliche Entscheidung“ treffen. Gemeint ist damit eine Entscheidung über die Errichtung des Mahnmals an sich, nicht aber über den zu realisierenden Entwurf. Dies soll dem Auslobergremium aus Bund, Land Berlin und Förderkreis vorbehalten bleiben.
Für die Grünen, die mit einem eigenen Antrag zum Holocaust- Mahnmal die Parlamentsdebatte überhaupt erst herbeigeführt hatten, endete der Tag mit einer schmerzlichen Niederlage. Ihr Antrag hatte darauf abgezielt, Diepgens Störmanöver mit einem Parlamentsbeschluß zu konterkarieren. Der Antrag der Grünen bekräftigte den Standort am Brandenburger Tor und forderte eine Entscheidung auf der Grundlage der drei verbliebenen Wettbewerbsentwürfe. „Dem Antrag könnte sogar Kohl zustimmen“, spottete eine Grüne. Doch für die Berliner CDU-Fraktion war der Grünen-Antrag nicht mehrheitsfähig.
SPD-Fraktionschef Klaus Böger war in der Bredouille: Um den Koalitionspartner nicht zu verprellen, konnte die SPD dem Antrag der Grünen nicht zustimmen. Für die Grünen war indes der von SPD und CDU ausgehandelte Antrag nicht akzeptabel, da die Standortfrage offen blieb. Grüne und PDS- Abgeordnete stimmten daher gegen die Resolution.
Da das Berliner Parlament nicht am Auswahlverfahren für das Holocaust-Mahnmal beteiligt ist, ist die Resolution lediglich eine politische Willenserklärung im Tauziehen um das Mahnmal.
Diepgen hatte in seiner Parlamentsrede erneut die Darstellbarkeit des Holocaust in Frage gestellt: „Der Mord an den Juden ist unvergleichbar, ist singulär. Gerade deshalb ist der Bau des Mahnmals so schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen