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"Unsichere Jobs? Nein, danke"

■ Gegen das Ansinnen der Innenverwaltung, Beschäftigte zu kündigen, protestiert Burkhardt Thiemann, Sekretär der Gewerkschaft ÖTV. Auch den Verzicht auf eine Lohnerhöhung lehnt er ab

taz: Die Innenverwaltung droht, daß überflüssige Beschäftigte rausgeschmissen werden müßten. Sie sind dagegen. Warum?

Burkhardt Thiemann: Die Leute sind nicht überflüssig. Der Senat vernichtet jährlich etwa 1.600 Stellen. Und das nur, um Geld zu sparen. Damit aber die Bezirks- und Verwaltungsreform vernünftig umgesetzt werden können, brauchen wir eine Pause beim Stellenabbau.

Sie haben kein Interesse daran, die hiesige, im Vergleich zu anderen Städten durchaus aufgeblähte Verwaltung zu verschlanken?

Diese These würde noch halbwegs stimmen, wenn wir im Jahr 1990 oder 1992 wären. Seitdem sind aber zwischen 30.000 und 60.000 Verwaltungsstellen weggekürzt worden. Ohne daß man sich überlegt hätte, welche Stellen man braucht und welche nicht. Parallel dazu wächst in den Bezirksämtern die Zahl der Überstunden exorbitant an. Wir brauchen die Leute für die Erfüllung der Aufgaben.

Wäre es nicht ein gangbarer Weg, den Kündigungsschutz zu lockern, im Gegenzug aber bessere Umschulungsmaßnahmen zu vereinbaren, damit die Leute woanders eine Tätigkeit finden?

Es kann nicht unser Ziel sein, unsichere Beschäftigungsverhältnisse zu fördern. Im übrigen werden sich durch die Fusion der Bezirke automatisch Einspareffekte ergeben. Man braucht dann nur noch einen Amtsleiter, statt vorher drei. Besonders hochbesoldete Beamtenstellen fallen später weg.

Würden Sie denn auf Gehaltserhöhungen verzichten, um Kündigungen zu vermeiden?

Nein. Zwei Drittel der Beschäftigten können sich keine Gehaltseinbußen und auch keinen Verzicht auf Lohnzuwachs leisten. Eine Nullrunde käme allenfalls für die höheren Gehaltstufen ungefähr ab 3.500 Mark netto in Frage.

Die Inflationsrate ist auf unter ein Prozent gesunken. Der Wert des Geldes bleibt nahezu stabil, die Kaufkraft der Gehälter auch. Warum sollen die Beschäftigten angesichts dieser Situation mehr Geld bekommen?

Die Mieten steigen, die BVG wird auch ständig teurer. Und in den vergangenen Jahren sind die Preise angezogen, so daß die Arbeitnehmer beständige Reallohnverluste hinzunehmen mußten.

Auf die Alternative der Innenverwaltung, entweder Kündigungsschutz oder Lohnsteigerung, wollen Sie sich nicht einlassen?

Nein, wir wollen beides. Möglich wäre vielleicht folgendes: Eine Erhöhung der Lohnsumme um fünf Prozent wird aufgeteilt. 2,5 Prozent bekommen die Beschäftigten und die andere Hälfte dient dazu, Überhangstellen und Arbeitszeitverkürzung zu finanzieren. Interview: Hannes Koch

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