piwik no script img

Schily für Fusion von Grünen und SPD?

■ Aufregung um ein Interview des designierten SPD-Innenministers Schily

Berlin (taz) – Drei eher beiläufig formulierte Sätze waren es, mit denen Otto Schily ein Interview in der neuesten Ausgabe der Woche schloß. „Joschka Fischer könnte auch gut bei uns zu Hause sein, keine Frage. Ich kann mir vorstellen, daß wir eines Tages zusammengehen. Ich hätte jedenfalls nichts dagegen zu fusionieren“, sagte Schily über seine einstige Partei, die Grünen. Sätze, aus denen die Agenturen dankbar einen Parteienstreit inszenierten.

Prompt folgte die Entrüstung. Das stehe „außerhalb jeder Debatte“, sagte die grüne Bundesgeschäftsführerin Heide Rühle. Und vergaß nicht zu erwähnen, daß ihre Partei ja eine „ganz eigenständige Politik, ganz eigenständige Aussagen“ habe. Bei aller gekünstelten Aufregung gingen die interessantesten Bemerkungen des designierten SPD-Bundesinnenministers beinahe unter.

Er sprach sich für Rot-Grün aus, schlug aber zugleich einige Pflöcke ein. So komme eine Abschaffung der Geheimdienste für ihn „überhaupt nicht in Frage“. Sowohl Verfassungsschutz als auch BND leisteten „gute Arbeit“. Ob das zum Streitpunkt werden muß, bleibt ohnehin abzuwarten. Zwar haben sich die Grünen in ihrem Wahlprogramm einer „schrittweisen Auflösung“ der Geheimdienste verschrieben, zugleich aber ein Hintertürchen offen gelassen. Solange dies nicht möglich sei, brauche man eben eine „verbesserte parlamentarische Kontrolle“ und eine Begrenzung der nachrichtendienstlichen Befugnisse. Offen ließ Schily, einst RAF-Anwalt, ob er die Anti-Terror-Gesetze aufheben würde: „Wir sollten darüber nachdenken.“ Bundeskriminalamt, Bundesrechtsanwaltskammer und Strafverteidigervereinigung müsse man dabei „zu Rate ziehen“. Vordringlich prüfen will er hingegen das Verbot der Doppelverteidigung. Weil dieses, so Rechner Schily, Strafprozesse verteuere und verlängere.

Manches ist für den pfiffigen Schily ohnehin kein rot-grünes Problem mehr, etwa der Große Lauschangriff. Schließlich seien „Gesetze, die für eine entschlossene Verbrechensbekämpfung notwendig waren, verabschiedet“. Zur Erinnerung: mit Schilys Hilfe. Severin Weiland

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen