■ Cash & Crash
: Mit Katastrophen spekulieren

Hamburg (taz) – Das Oder- Hochwasser verursachte hierzulande einen Schaden von 647 Millionen Mark. Kleinkram im Vergleich zum Erdbeben im japanischen Kobe, das 100 Milliarden US-Dollar gekostet haben soll. „Verglichen mit den sechziger Jahren ereignen sich heute nahezu fünfmal mehr Naturkatastrophen“, schreibt das Fachblatt Die Bank.

Die Versicherungsbranche beunruhigen solche Meldungen, stößt sie doch bei Großtechnik- und Natur-Dramen in einer postmodernen Umwelt an ihre Finanzgrenzen: Auf lediglich 500 Milliarden Dollar werden die gesamten Eigenmittel des weltweiten Versicherungsmarktes geschätzt. Dieses Kapital wäre aber schon verbraucht, wenn in San Francisco die Erde bebt und gleichzeitig ein Hurrican über Florida hinwegrast.

Versicherungen versichern zwar üblicherweise gegen Risiken, aber schon bei Hausrats- oder Kfz-Policen erscheint einzelnen Unternehmen das Risiko in der Summe als zu riskant. Dann sichern sich Allianz oder Volksfürsorge selbst bei einer Rückversicherung ab. Einige Risiken sind allerdings so heikel, daß sich die Assekuranz nach neuen Sicherungen umgeschaut hat. Findige Manager suchten Abhilfe auf dem ungleich größeren Kapitalmarkt mit seinen Vermögenswerten von über 40 Billionen US-Dollar, und sie erfanden die „Cat Bonds“: Versicherer übertragen einen Teil der kaum kalkulierbaren Risiken möglicher Naturkatastrophen auf die Inhaber der „Catastrophe Bonds“.

Die Käufer dieser aktienähnlichen Wertpapiere kassieren einen hohen Zinssatz, etwa zwei bis drei Prozent über dem gängigen Marktpreis. Abgezinst wird allerdings, wenn es tatsächlich zu Unglücken kommt – nach der vierten Katastrophe fällt der Zinssatz auf Null. Ähnlich riskante Bedingungen gelten hinsichtlich der Rückzahlung der Anleihe durch den Versicherer. So kann es am katastrophalen Ende zu einem Verlust des eingesetzten Kapitals kommen. Dadurch werden die Cat Bonds zu aktienähnlichen Wertpapieren mit hohem Risiko, aber auch hohen Gewinnchancen. Zudem können die Investoren ihre Risiken nun besser mixen: Da eine Naturkatastrophe nicht durch einen Kursrutsch oder eine Firmenpleite ausgelöst wird, sind Cat Bonds eine sichere Beimischung zu Aktien und anderen Wertpapieren.

An der New Yorker Börse besteht bereits seit 1996 ein Segment, in dem Katastrophen-Anleihen gehandelt werden – zur Zufriedenheit der Assekuranz und der Investoren: Nach Angaben der Schweizer Rückversicherung schneidet ein Portefeuille mit Cat Bonds, Aktien und festverzinslichen Anleihen deutlich besser ab als ein Mix ohne Cat Bonds, wohlgemerkt bei gleichem Risiko für den Anleger. Hermannus Pfeiffer