■ Nachschlag: Die Frage nach Sinn und Unsinn bei den Werkstatt-Tagen Freier Theater
„Was soll das Theater?“ ist eine große Frage, wenn sie von Theaterleuten in eigener Sache gestellt wird. Die Untertitel-Unterfrage nach „Sinn und Unsinn der freien Theater in Berlin“ ist nur wenig handlicher, zielt sie doch ebenfalls auf die eigene Legitimation. Für Gerd Hunger von der Off-Theater-Organisation Spot ist die Antwort eindeutig: Das Theater soll ein Ort der Kommunikation sein.
Eigentlich hätte es bei der Diskussion im Theaterprobenhaus Mitte um die Selbstbestimmung der freien Szene gehen sollen: darum, was die freie Szene dem Theater überhaupt noch an Impulsen geben kann, wenn sich die Herangehensweisen – außer im Grad der Professionalität – kaum mehr unterscheiden. Sicher, es gibt den wichtigen Unterschied, daß sich die staatlichen Bühnen keine Gedanken um finanzielle Zwänge machen müssen. Das aber („Kein Argument!“) will Manuel Schöbel, Intendant am Carroussel-Theater, nicht gelten lassen. Die bequeme Variante, wieder einmal übers Geld zu sprechen, stand nicht auf dem Plan.
Für Oliver Reese, Chefdramaturg am Gorki Theater, geht es vor allem darum, das Verhältnis zwischen freiem Theater und Staatstheater produktiv zu machen: Neue Talente sollten sich erst im Off erproben, bevor sie ihre Karriere im Staatstheater fortsetzen. Daß diese Argumentation eine hierarchisch geordnete Theaterwelt festschreibt, gefiel Maike Techen, freier Regisseurin und Autorin, begreiflicherweise überhaupt nicht. Sie verstieg sich aber in offene Feindseligkeiten, so daß die Diskussion de facto beendet war.
Einmal noch meldete sich Gerd Hunger zu Wort, um zu sagen, daß es die freie Szene ohnehin nicht gebe. Reese und Techen waren unterdessen damit beschäftigt, sich zu hassen, und Schöbel stand über den Dingen. Zwei Wochen, nachdem in der Zeit eine böse und weitgehend ungerechte Polemik gegen die freie Szene erschien, hätte man sich schon eine Debatte gewünscht, in der zum Abschluß irgend etwas Greifbares im Raum gestanden hätte. Wir sind hier, und wir machen Folgendes oder so. Wenn wir schon nicht wissen, was das ganze Theater eigentlich soll. Falk Schreiber
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