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Mehr Sekretäre am Schreibtisch

Arbeitsamt Nord veröffentlicht Studie zur Situation von Frauen auf Hamburgs Arbeitsmarkt. Die belegt: Wo neue Jobs entstehen, werden häufig Männer eingestellt  ■ Von Judith Weber

Als Bürofachkräfte noch SekretärInnen hießen, war das große „I“ in ihrer Berufsbezeichnung erstens unüblich und zweitens nicht von Nöten. In den Vorzimmern saßen Frauen; Männer interessierten sich selten für diesen Beruf. Das ist heute anders. Während weibliche Bürohilfen in Hamburg im vergangenen Jahr zu hunderten ihren Job verloren, wurden männliche eingestellt – ebenfalls zu hunderten. Das geht aus einer Studie hervor, die das Landesarbeitsamt Nord veröffentlicht hat.

Ein Jahr lang hat die Behörde den Stellenmarkt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein analysiert. Ergebnis: Der „Trend zum Beschäftigungsverlust“ bei Frauen ist in der Hansestadt „besonders deutlich“. Denn Frauen arbeiten hauptsächlich in Dienstleistungsberufen, und hier wurden im vergangenen Jahr mehr Stellen abgebaut als vorher. Zwar sind im Laufe des vergangenen Jahres 4500 auch neue Dienstleistungsjobs entstanden, doch die wurden hauptsächlich mit Männern besetzt.

Im Juli 1997 waren denn auch 4000 Frauen mehr arbeitslos als ein Jahr zuvor. Besonders stark angeschwollen ist die Zahl der Erwerbslosen, die jünger sind als 25 oder älter als 45. Insgesamt waren im vergangenen Jahr vier von zehn erwerbslos gemeldeten HamburgerInnen weiblich. Dennoch arbeiten in der Hansestadt durchschnittlich mehr Frauen als in den anderen westlichen Bundesländern, hat die Behörde festgestellt.

Kauffrauen, Akademikerinnen und Handwerkerinnen stellen fast 45 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten; in den alten Bundesländern liegt der Schnitt bei lediglich 43 Prozent. Das ist zwar gut, für eine Großstadt aber keinesfalls ein brillantes Ergebnis, finden die ExpertInnen: „Aufgrund besserer Infrastruktur und Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen wäre in Hamburg ein noch höherer Frauenanteil zu vermuten.“ Vielleicht, mutmaßt das Amt, werden angesichts der miesen Konjunktur eher Männer eingestellt.

Auch von außerhalb kommen offenbar nur wenige Jobberinnen in die Hansestadt: „Die Großstadt und ihre Arbeitsplätze ziehen hauptsächlich Männer an.“ Lediglich 37 Prozent derer, die täglich ins Büro an die Elbe fahren, sind weiblich.

Da tröstet es wenig, daß Frauen ihre Jobs meist länger behalten als Männer die ihren. „Sie werden zwar seltener arbeitslos; wenn sie jedoch erwerbslos geworden sind, verbleiben sie länger in der Arbeitslosigkeit“, resümmieren die StatistikerInnen. Ein Drittel der jobsuchenden Frauen hat schon mehr als ein Jahr keine Stelle und gilt damit als langzeitarbeitslos.

Ohne Abschlußzeugnis in der Hand ist eine Anstellung besonders schwer zu finden. Und „der Anteil der Frauen ohne Schulabschluß ist in Hamburg besonders hoch“, so das Arbeitsamt. Rund die Hälfte der erwerbslosen Frauen hat weder die Real-, noch die Hauptschule beendet.

Insgesamt nimmt „die Beteiligung von Frauen am Arbeitsleben zwar kontinuierlich zu“, bilanziert die Behörde. Dennoch seien Frauen „bei der Stellenvermittlung immer noch unterrepräsentiert“.

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