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Haftstrafe für Istanbuler Bürgermeister

■ Islamistischer Rivale Erbakans darf keine Politik mehr machen

Istanbul (taz) – Die politische Justiz in der Türkei hat mit ihrem jüngsten Urteil einen neuen Märtyrer geschaffen. Mit der Bestätigung seiner zehnmonatigen Freiheitsstrafe in der Revision wurde die politische Karriere des Bürgermeisters von Istanbul, Recep Tayyip Erdogan, jäh beendet. Das Urteil löste landesweit nicht nur bei den Islamisten einen Schock aus. Zehntausende versammelten sich gestern vor dem Amt des populären „Tayyip“ und verlangten den Rücktritt der Regierung: „Mesut, Israel ist stolz auf dich!“ Es gab mehrere Festnahmen.

Der 44jährige Politiker war wegen einer Rede, die er im Dezember letzten Jahres im ostanatolischen Șiirt gehalten hatte, vom Staatssicherheitsgericht Diyarbakir zu 10 Monaten Haft verurteilt worden. In seiner Rede hatte er den Dichter Ziya Gökalp zitiert: „Die Moscheen sind unsere Garnisonen, die Kuppeln unsere Helme, die Minarette unsere Bajonette und die Gläubigen unsere Soldaten.“

Nachdem das Urteil wegen „Volksverhetzung“ am Mittwoch vom Kassationshof bestätigt wurde, bleibt ihm als letzter Weg der Antrag zur Berichtigung des Urteils, der jedoch von derselben Instanz bearbeitet und mit Sicherheit negativ beschieden wird. Erdogan verliert damit seinen Posten, er darf lebenslang nicht für öffentliche Ämter kandidieren, wird aus seiner Partei ausgeschlossen und muß für mindestens vier Monate ins Gefängnis.

Erdogan galt als Rivale Necmettin Erbakans. Erdogan versammelte diejenigen um sich, die mit der passiven Haltung der Erbakan-Fraktion unzufrieden sind. Seine internen Kämpfe um die Parteiführung wurden von Erbakan abgeblockt, der in der Partei immer noch die Fäden in der Hand hält und auf sein Comeback hofft.

Erbakan sah in seinem Zögling einen Hitzkopf, der mit seinen radikalen Verbalattacken und politischen Unerfahrenheit der Bewegung mehr schaden als nutzen könne. Somit dürfte Erbakan doppelt zufrieden sein: Die Laizisten haben der Bewegung einen Märtyrer geschenkt, während sie seinen größten politischen Rivalen ausgeschaltet haben. Dilek Zapcioglu

Kommentar Seite 12

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