„Die PDS ist bereit, Verantwortung für das Land zu übernehmen“

■ Caterina Muth, Fraktionschefin der PDS in Mecklenburg-Vorpommern, über die Forderungen ihrer Partei an den möglichen Koalitionspartner SPD

taz: Ihre Partei hat bei den Landtagswahlen kräftig zugelegt. Ergibt sich daraus für die PDS nicht die Pflicht, in einer Koalition mit der SPD Regierungsverantwortung zu übernehmen?

Caterina Muth: Der Zuwachs sagt ganz klar: Die Mehrheit hat links gewählt, und genau wie für die SPD ist es auch für uns ein ganz klares Signal, Verantwortung zu übernehmen. Wir sind dazu bereit. Die PDS muß sich jetzt aber die Frage stellen: Ist mit der SPD überhaupt eine andere Politik zu machen und wenn ja, welche?

Sie sind da skeptisch?

Ich habe immer die Tolerierung einer SPD-Minderheitsregierung durch die PDS favorisiert, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Transparenz von Politik. Wenn die Regierung gucken muß, woher sie sich die Stimmen holt, führt das automatisch zu offeneren Argumentationen im Parlament. Ich sehe Minderheitsregierungen, die ja eher selten sind in der Bundesrepublik, als Chance, ein anderes Politikmodell zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen.

Das hört sich an, als hätten Sie Angst vor dem eigenen Erfolg und vor einer Koalition?

Nein, eine Koalition ist für mich keine Angstfrage. Was wir uns allerdings fragen müssen, ist, wo wir die meisten Chancen haben, Politik anders zu gestalten. Viele Genossen fürchten, daß wir unser Profil als Systemkritiker aufgeben, wenn wir eine Koalition eingehen. Dafür habe ich Verständnis. Andererseits haben wir mit diesem Wahlergebnis eine Verantwortung gegenüber den Bürgern. Wir müssen sehen, ob wir diesen Spagat hinkriegen.

Wo liegen die Knackpunkte mit der SPD?

Wir wollen hier im Land einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor installieren und damit 5.000 neue Stellen schaffen. Ein weiteres Muß ist die Änderung des Schulgesetzes: Die schulartenabhängige Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 muß abgeschafft werden. Schließlich fordern wir eine stärkere Finanzzuweisung an die Kommunen, die am Ende der Fahnenstange angekommen sind.

Klingt alles irgendwie auch ein bißchen sozialdemokratisch.

Schwieriger dürfte die Einigung über die Ausbildungsfrage werden. Wir fordern für jeden Jugendlichen ein Recht auf Erstausbildung und die Garantie für ein Jahr Beschäftigung danach. Das wird ein ganz harter Verhandlungspunkt werden.

Glauben Sie, daß die SPD da mitmachen wird? Eine Beschäftigungsgarantie werden die Sozialdemokraten Ihnen nicht geben.

Uns ist es mit unserer Forderung Ernst. Da gibt es kein Wenn und Aber. Eine Eiapopeia-Politik wird es mit uns nicht geben.

PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch hat sich ganz klar für eine rot-rote Koalition in Mecklenburg-Vorpommern ausgesprochen. Würden Sie ihm im Zweifel widersprechen?

Nein. Selbstverständlich kann auch eine Koalition rauskommen, vorausgesetzt, der Parteitag spricht sich dafür aus.

Der parlamentarische Geschäftsführer Ihrer Fraktion, Arnold Schoenenburg, hat für diesen Fall schon mal ein Auge auf die Ministerien für Soziales, Wirtschaft und Inneres geworfen.

Ach ja? Ich persönlich fände das Kultusministerium sehr wichtig, weil man damit die Zukunft unserer Kinder gestalten kann... Aber über Wirtschaft und Arbeit, die beiden Ressorts, die wir in einem Ministerium koppeln wollen, muß man natürlich nachdenken.

Warum sollte die SPD ausgerechnet dem kleineren Koalitionspartner ein so wichtiges Ministerium wie das für Wirtschaft überlassen?

Wir wollen die Zahl der Arbeitslosen um zehn Prozent senken, das heißt Arbeitsplätze für 20.000 Menschen schaffen. Dafür haben wir ein klares Konzept. Erstens: die Belebung über den zweiten Arbeitsmarkt. Zweitens: die Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen, deren Eigenkapitalbasis wir stärken wollen.

Was heißt das?

Das Land muß sich stärker über Bürgschaften engagieren, und der derzeitige Fördermitteldschungel, der Unternehmen daran hindert, aktiv zu werden, ist zu entwirren.

Welche Rolle werden Sie bei diesem Prozeß spielen?

Ich möchte Fraktionschefin bleiben und werde auch dafür kandidieren. Über weitere Personalfragen verhandeln wir später. Interview: Heike Haarhoff