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Enten versenken?

Weil er mit Flaschen und Dosen einen Wasservogel ermordet haben soll, steht ein 81jähriger Russe in Hamburg vor Gericht  ■ Von Judith Weber

Ob Cola oder Brause in der Mordwaffe war, „Herrgott nochmal, das weiß ich nicht mehr“, ereifert sich die Blondierte mit der Hochsteckfrisur. Ob Flasche oder Dose, mit Koffein oder ohne: „Jedenfalls hat dieser Mensch damit die Enten auf dem Mittelkanal beworfen“, schnaubt die 55jährige und knautscht die Kunstleder-Handtasche auf ihrem Schoß noch fester. „Eine Ente drehte sich gleich mit dem Unterteil nach oben.“

Um dieses Tier geht es Marion B. Wegen ihm zeigte die Schneiderin den mutmaßlichen Dosenwerfer bei der Polizei an. Im März war das, und B. beobachtete „das Verhalten dieses Menschen schon seit vier Jahren“. Immer wieder, berichtet sie gestern vor dem Amtsgericht am Johannes-Brahms-Platz, werfe Stefan Z. Brot aus seinem Küchenfenster in den Mittelkanal in Hammerbrook. Erst weit weg, dann näher ans Haus, bis gierige Enten und Schwäne sich am Rand des Kanals tummeln. Der 82jährige greife sich daraufhin eine Flasche „oder eben eine Dose“, die falle auf die Enten, und zwar „mit einem fürchterlichen Knall“, bekräftigt die Schneiderin.

„Und dann?“, fragt der Richter. „Wie – dann?“, antwortet Marion B. „Na, was passiert dann?“ „Dann ist die Ente tot“, erklärt B. energisch und wiegt den toupierten Kopf. „Ah so“, sagt der Richter und wendet sich dem Angeklagten zu, der neben der Zeugin sitzt und ihr einen Vogel zeigt. Sie antwortet mit einer ähnlichen Geste, und der Vorsitzende muß ziemlich laut werden, damit sie ihm zuhören. „Haben Sie noch Fragen an die Zeugin“, will er von Stefan Z. wissen. Der hat: „Das ist doch Betrug“, schimpft der Russe, „oder schwörst Du, daß das stimmt, was Du sagst?“ Jawoll, triumphiert B., „das tue ich – beim Augenlicht meiner Kinder“.

Das ist zuviel für den Richter. „Sowas wird hier nicht gemacht“, poltert er, während der Staatsanwalt gleichzeitig zu einem „das muß jetzt mal unterbunden werden“ ansetzt. Beide wollen endlich wissen, warum Marion B. behauptet, der Mann aus dem Nachbarhaus habe den tödlichen Getränkebehälter „gezielt auf die Enten geworfen“, obwohl sie Josef Z. vom Fenster ihrer Speisekammer aus gar nicht sehen konnte. Schließlich lautet die Anklage auf „Vorsätzliche Tötung eines Wirbeltiers“, und das muß erstmal bewiesen werden. „Wissen Sie“, kontert B. beleidigt, „langsam komme ich mir vor, als sei ich selbst hier angeklagt.“

Daß nach anderthalb Verhandlungsstunden nicht einmal ein Urteil gefällt und der Prozeß auf nächste Woche vertagt wird, weil eine als Zeugin geladene Polizistin auf Mallorca weilt, ärgert B. erst recht. Sie fürchtet, daß der Terror gegen die Wasservögel weitergeht: „Haben Sie schon mal eine Entenmutter schreien gehört, wenn jemand ihr Junges versenkt hat?“

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