Ode an die Wechsel-Wähler

Rot-Grün zeigt der CDU in der Bürgerschaft die lange Nase und freut sich über Bundestagswahl und den Machtkampf in der Union  ■ Von Silke Mertins

Welch glückliche Fügung, daß gestern in der ersten Bürgerschaftssitzung nach der Bundestagswahl die SPD dran war, das erste Thema der Aktuellen Stunde anzumelden. Das lautete natürlich: „Der Wechsel.“ Beschwingt schritt SPD-Fraktionschef Holger Christier zum Rednerpult: „Der Wechsel war überfällig – und wir freuen uns darüber.“ Wer „in Nostalgie versinke“, verlöre nun mal Wahlen. Um dem möglichen CDU-Argument vorzugreifen, daß auch Hamburg einen Wechsel nötig hätte, sagte Christier, eine Partei müsse nur dann die Macht abgeben, wenn sie sich nicht modernisiere. Das treffe auf die Elb-Sozis aber selbstredend nicht zu.

Mit der Erneuerung sei es im übrigen so eine Sache, spielte er auf den Machtkampf in der Hamburger CDU an. Er, Christier, freue sich jedenfalls, daß nun auch die Union „sich auf den Pfad der Modernisierung begeben will – natürlich erst, wenn Herr von Beust seine Hand von der Gurgel des Herrn Fischer genommen oder ihn erwürgt hat“. Den Interviewäußerungen des CDU-Oppositionsführers Ole von Beust, seine Partei habe sich zu wenig um Gerechtigkeit gekümmert, „mag ich jedenfalls nicht widersprechen“.

Der Kampf um die Führung der Hamburger CDU zwischen dem smarten Fraktionschef Ole von Beust (43) und dem eher altbackenen Parteichef Dirk Fischer (54) steuert heute im übrigen einem Höhepunkt zu. Der CDU-Landesausschuß tagt am Abend. Bereits heute vormittag wollen sich die Kontrahenten treffen. Kritik wurde inzwischen auch an der forschen Vorgehensweise von Ole von Beust laut. „Richtiges Ziel, aber falsche Methode“, heißt es aus der CDU-Fraktion.

Von Beust gab sich als guter Verlierer: „Ich gönne Ihnen den Sieg. Ich gratuliere Ihnen, wenn auch nicht herzlich – das kann man nicht verlangen.“ Die Freude der SPD und auch der Grünen, denen er wünscht, daß „Träume nicht zu Alpträumen“ werden, dürfe aber nicht dazu führen, daß nur noch nach Bonn gestarrt werde. „Wir haben uns hier um die Hamburger Probleme zu kümmern.“

Die würden nun leichter zu lösen sein, entgegnete Christier. Mit Rot-Grün in Bonn käme nun Bewegung „in die festgefahrenen Bundesratsinitiativen“. Besonders in der Drogenpolitik – hier geht es um die Heroinabgabe und die Fixerräume – wolle Hamburg nun wieder aktiv werden.

Auch die GAL ist zuversichtlich über die Perspektiven im Bund. „Die rot-grüne Koalition in Hamburg ist ein gutes Beispiel für solide Politik“, behauptete GAL-Fraktionschefin Antje Möller. Auch wenn der Wahlsieg den SPD-WählerInnen zu verdanken sei, bleibe klar: „Grün ist der Wechsel.“ Sie hoffe, daß nun auch die Hamburger SPD dem grünen Kurs „etwas mehr folgt“. Rot-Grün in Bonn werde „unser Weltbild verändern“. Der grünen Verhandlungsdelegation in Bonn wünsche sie jedenfalls „einen klaren Kopf und ein kühles Herz“.