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Jacques Villeneuves Geschenk Von Michael Ringel

Als Michael Schumacher vor einiger Zeit in Berlin war, ging ich zu seiner Pressekonferenz. Auch wenn ich nicht einmal einen Führerschein besitze, sehe ich gern Formel-1-Rennen und verfolge genau das Geschehen am Ring. Im Grand Hotel hatte sich die „Meute“ (RTL) der Autojournalisten eingefunden.

Ich war der einzige, der kein Polohemd trug und wurde deshalb nicht wie ein alter Bekannter begrüßt: „Hallo Kurt, haben wir uns nicht zuletzt in Montreal gesehen?“ Kurt korrigierte den Kollegen: Es war vor der Saison. „Dienstreise“ nach England. Zwei Wochen Silverstone. Auf Kosten der „UTHs“, der Untertürkheimer. Den neuen Mercedes-Motor im McLaren „begutachten“. Zu Hause gab's dann noch ein Modell der A-Klasse für den „Langstreckentest bis 100.000 Kilometer“. Mit dem fährt die Frau jetzt zum Einkaufen, lachten die Männer in den Polohemden.

Gut geschmiert macht gut gelaunt. Ich aber schwor bei allen Göttern der Publizistik: Niemals würde ich zum Polohemdenträger werden und mich korrumpieren lassen.

In der vergangenen Woche kam Jacques Villeneuve nach Berlin. Es sollte nur ein kurzer Besuch bei einem Sponsor sein, aber den noch amtierenden Weltmeister wollte ich mir nicht entgehen lassen. Einmal Aug' in Aug' mit „Jacques the Ripper“, wie er seit seinem Coup in Jerez 1997, als er Schumacher genial austrickste und überholte, genannt wurde.

Als Villeneuve die Passage in der Friedrichstraße betrat, hätte ich ihn beinah übersehen. Ein Meter einundsiebzig klein, reichte er mir gerade bis zur Schulter. Diesmal waren die Haare nicht blond oder blau, sondern schwarz gefärbt. Ganz in Schwarz gekleidet, leicht unrasiert und eine Nickelbrille auf der Nase sah er aus wie ein Germanistikstudent. Villeneuve lächelte den wenigen Anwesenden freundlich zu, parlierte mit den Reportern und posierte bereitwillig für den Schnappschuß einer Gruppe zufällig vorbeikommender italienischer Touristen, die ihn in ihrer Begeisterung fast unter sich begruben. Die drei bulligen Bodyguards verhinderten Schlimmeres, so daß er zum Abschied jedem Journalisten ein Autogramm und ein kleines Geschenk überreichen konnte.

Nachdem ich an der Reihe war, verschwand er plötzlich. Neugierig riß ich das Päckchen auf und traute meinen Augen nicht. Wie konnte Jacques Villeneuve das wissen? Woher kannte er meine Größe? Hatte meine Liebste ihm die Informationen zugespielt? Um den morgendlichen Streit im nachhinein zu entschärfen?

Denn unter dem fadenscheinigen Argument, ich sei für das systematische Verschwinden sämtlicher Socken in diesem Haushalt verantwortlich, hatte sie meine allerletzten konfisziert und von mir verlangt, sofort Nachschub heranzuschaffen. Und jetzt schenkte der Formel-1-Weltmeister mir gleich zwei Paar. Zu Hause schwenkte ich triumphierend meine neuen, teuren „Airport Socks“. Korruption macht Spaß. Kein böses Wort mehr über die Formel 1 oder schmierige Autojournalisten.

Und auf dem Foto mit Jacques Villeneuve am nächsten Morgen in der Bild-Zeitung sah ich schon ziemlich gut aus. Vielleicht kaufe ich mir doch mal ein Polohemd.

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