: Retten Dissidenten Italiens Regierung?
■ Teil der Neokommunisten will Prodi bei Abstimmung unterstützen
Rom (taz) – Für große Gesten und hehre Worte hat Italien seit jeher eine Schwäche: „Die Stunde des Ungehorsams ist gekommen“, rief mit bebender Stimme und wahrscheinlich echten Tränen der eben zurückgetretene Präsident der „Rifondazione comunista“ Tausenden seiner nach Rom geeilten Anhänger zu. Er kündigte die Gründung einer neuen Partei an, die „Comunismo“ heißen soll – als Gegenbewegung zu dem aus der Koalition ausgebrochenen Teil der Neokommunisten, die deren Sekretär Bertinotti anhängen. Cossutta-Anhänger Dilioberto rief im Parlament aus: „Als Fraktionschef erkläre ich, wie es die Parteileitung fordert, das Nein der Fraktion zur Regierung Prodi, als Kommunist aber unterwerfe ich mich nicht.“ Er werde, sagte Dilioberto, am Freitag mit „ja“ bei der Vertrauensfrage stimmen.
Die neokommunistische Partei – seit Mai 1996 mit den Linksdemokraten, Grünen und der Volkspartei in der Koalition, allerdings nicht im Kabinett – ist damit endgültig gespalten. Parteisekretär Bertinotti, der die Regierung unbedingt stürzen wollte, ist mit einer Handvoll noch zu ihm haltender Abgeordneter politisch isoliert, obwohl er noch am Sonntag zwei Drittel der ZK-Mitglieder auf seine Seite gebracht hatte. Diese sind wie er der Meinung, Prodis Haushaltsentwurf für 1999 sehe keine arbeiterfreundliche Maßnahmen vor.
Gerettet ist die Regierung Prodi jedoch noch nicht. Wenn die „Cossuttianer“ alle für ihn stimmen, fehlen ihm immer noch zwei Stimmen. Die hofft er aus anderen Fraktionen zu bekommen – oder durch eine „gesundheitlich“ bedingte Abwesenheit einiger Volksvertreter, denen Neuwahlen nicht in den Kram passen.
Als „Gegenleistung“ für Cossuttas Treue hat Prodi eine Reihe Entgegenkommen für die Ultralinke angekündigt, so die beschleunigte Einführung der 35-Stunden- Woche und Zurückhaltung bei einem möglichen Militäreinsatz im Kosovo. Diese Zugeständnisse müßten auch Bertinotti gefallen. Der aber sitzt nun eingekeilt zwischen Cossuttas Jüngern im Parlament und spricht mit niemandem mehr. Er und seine Anhänger können nun nicht einmal mehr eine Fraktion bilden. Cossutta, der auf 20 Mitglieder zählen kann, hingegen schon. Werner Raith
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen