piwik no script img

Brückenkopf in Übersee

In Bremen plant der Senat zusammen mit dem Massachusetts Institute of Technology und der texanischen Rice University eine internationale Privatuniversität  ■ Von Joachim Faruhn

Überall reifen in Deutschland Pläne für private Universitäten. Einzigartig in Deutschland: Anfang 1999 soll die private Internationale Universität Bremen gegründet werden. Lehr- und Forschungsbetrieb könnten im Jahr 2000 auf einem ehemaligen Kasernengelände im Stadtteil Grohn beginnen. Nach drei Jahren soll die Aufbauphase mit 1.200 StudentInnen und mehr als 100 WissenschaftlerInnen abgeschlossen sein.

Bemerkenswert sind nicht nur die Studiengebühren von bis zu 20.000 Mark, sondern auch die rennommierten Partner: Bremen forciert das Projekt gemeinsam mit der texanischen Rice University. Noch im November soll auch das Massachusetts Institute of Technology (MIT) eingebunden werden. Beide amerikanischen Elite-Unis sind auf der Suche nach Brückenköpfen in Übersee. Den Kontakt haben Professoren der Bremer Universität vermittelt. Die Privatuniversität sei „der Versuch, das deutsche und das amerikanische Universitätssystem miteinander zu verschmelzen“, heißt es in Bremen.

Als Grundstock für die neue Uni hat Bremen eine private GmbH gegründet. Vorsitzender des Planungskommitees ist der ehemalige Chef der Max-Planck- Gesellschaft, Reimar Lüst.

Wichtigste Aufgabe für einen in Kürze zu berufenden Projektmanager dürfte das Einwerben von Geld sein. Bremen verspricht der neuen Universität ein hergerichtetes Gelände, ein Stipendienprogramm und eine Anschubfinanzierung von 230 Millionen Mark. Die laufenden Kosten muß die Privatfirma Universität jedoch selber aufbringen. Bremens Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) rechnet vor: Die Betriebskosten dürften bei mindestens 60 Millionen Mark pro Jahr liegen. Studiengebühren decken selbst in Amerika nur 20 Prozent. Also müßte man ein Stiftungskapital von bis zu einer Milliarde Mark einwerben, um bei einer sechsprozentigen Verzinsung „das Projekt nachhaltig finanzieren zu können“. Zumal Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) versichert, daß der normale Etat für die Bremer Hochschulen nicht angetastet werden soll. Mit dieser Zusage und der Versicherung, arme Studenten notfalls aus Landesmitteln mit Stipendien zu versorgen, haben die Planer auch die Zustimmung von SPD und Grünen gewonnen. Allein die Jusos sind vehement gegen die „Elite-Uni“.

„Noch haben wir keine unterschriebenen Schecks im Tresor liegen“, räumt Kahrs ein. Die Rice University, die mit exzellenten Kontakten in die texanische Ölindustrie als eine der reichsten Hochschulen der Vereinigten Staaten gilt, habe zwar kein eigenes Geld zugesagt, werde dafür aber beim „Fund-Raising“ helfen. Die Bremer hoffen, daß auch in Deutschland vermögende Privatleute ihre Millionen in die Stiftung stecken werden.

Was genau in der Internationalen Universität Bremen gelehrt und geforscht werden soll, werden erst die Betreiber und der Gründungsrektor festlegen. Neben den Schwerpunkten Natur- und Ingenieurwissenschaften sollten jedoch internationales Recht sowie Geistes- und Sozialwissenschaften „nicht ausgesperrt werden“, sagt Senatorin Kahrs.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen