: Gerhard Schröder: „Hombachs Ansatz ist richtig“
■ Kanzler in spe verteidigt die umstrittenen wirtschaftspolitischen Thesen seines Vertrauten
Bonn (dpa) – Im „Personalkarussell“ vor der Regierungsbildung verhärten sich bei der SPD die Fronten. Rudolf Scharping pocht weiter darauf, Fraktionschef zu bleiben. Auch Parteichef Oskar Lafontaine und der künftige Kanzler Gerhard Schröder konnten Scharping bei einem Treffen am Mittwoch abend in der Saarland- Vertretung nicht umstimmen.
Schröder hatte auf einer Sitzung des SPD-Präsidiums mitgeteilt, er wolle Scharping bitten, als Nachfolger von Volker Rühe auf die Hardthöhe zu gehen. In diesem Fall wäre der Weg frei für Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering als neuer Fraktionschef. Scharping wird jedoch von linken und rechten SPD-Abgeordneten weiter ermuntert, sich in der kommenden oder übernächsten Woche zur Wiederwahl zu stellen. Bei einer weiteren Zuspitzung wird in SPD-Kreisen inzwischen nicht mehr ausgeschlossen, daß Lafontaine doch als Fraktionschef antritt und dafür auf das Finanzministerium verzichtet.
Unklar ist auch noch, wer aus der SPD nächster Bundestagspräsident wird. Der von den ostdeutschen Abgeordneten unterstützte Partei- und Fraktionsvize Wolfgang Thierse ist offenbar fest entschlossen, nicht zugunsten einer Frau auf das Amt zu verzichten, das ihm vor der Wahl zugesagt worden war. Dem Vernehmen nach dringen Lafontaine und Schröder weiter darauf, nach Rita Süssmuth (CDU) erneut eine Frau an die Spitze des Bundestages zu berufen.
Schröder stellte sich unterdessen hinter die parteiintern umstrittenen wirtschaftspolitischen Thesen seines künftigen Kanzleramtschefs Bodo Hombach. „Hombachs Ansatz ist richtig“, schreibt Schröder in einem Nachwort für das in Kürze erscheinende Buch des bisherigen Düsseldorfer Wirtschaftsministers. Er teile zwar nicht in allen Facetten Hombachs Ideen. „Aber wir haben ein gemeinsames Bild von einer Politik, die zupackt und die Gesellschaft verändern will“, so Schröder weiter.
SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler hatte Hombach zuvor frontal angegriffen. „In der SPD- Wahlplattform, die Schröder doch entscheidend mitgeprägt hat, steht das Gegenteil von dem, was Hombach schreibt“, hatte Dreßler in einem Zeitungsinterview erklärt. In seinem Buch „Aufbruch“ plädiert er für eine Rückbesinnung auf Ideale von Ludwig Erhard.
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