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Handschlag statt Nato-Schlag

■ Serbiens Präsident Milošević stimmt nach Nato-Angriffsdrohung der Stationierung von 2.000 internationalen Beobachtern im Kosovo zu. Skeptische Reaktionen im Westen, Zustimmung in Moskau. Nato bleibt einsatzbereit

Belgrad (AP/dpa/rtr) – Unter dem Druck des Nato-Einsatzbefehls gegen Jugoslawien hat Präsident Slobodan Milošević eingelenkt und sich zur Erfüllung der Bedingungen für eine friedliche Lösung des Kosovo-Konflikts bereit erklärt. US- Unterhändler Richard Holbrooke sprach gestern von einem Durchbruch. Es hänge jetzt von Milošević ab, die Erfüllung der Auflagen zu beweisen. „Wir haben die Krise noch nicht überwunden“, sagte er. In Brüssel erklärten hochrangige Nato-Vertreter, die Drohung eines Luftangriffs bestehe weiter.

Das atlantische Bündnis hatte in der Nacht zum Dienstag seine Streitkräfte aktiviert und Milošević eine Frist von 96 Stunden eingeräumt. Praktisch gleichzeitig akzeptierte dieser einen Waffenstillstand, den Abzug der Sondereinheiten, die Rückkehr aller Flüchtlinge, die Aufnahme von Gesprächen mit den Kosovo-Albanern und vor allem die Zulassung von 2.000 Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die OSZE-Mission wird vollständige Bewegungsfreiheit haben. Für ihre Sicherheit garantiert die jugoslawische Führung.

Holbrooke gab sich vorsichtig. Eine Wende sei erst erreicht, wenn Beweise für das Einlenken Milošević' vorliege. „Lassen Sie uns nicht von einem Triumph sprechen, solange nichts Bedeutsames für die Menschen im Kosovo geschehen ist“, sagte er vor Journalisten. Die Einhaltung der Auflagen werde auch aus der Luft überwacht werden. „Die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Jugoslawien bleiben jedoch bis auf weiteres in Kraft, da die Lage weiterhin gefährlich ist“, fügte Holbrooke hinzu. Milošević wandte sich im Fernsehen an die Bevölkerung. Es sei ein Abkommen erreicht worden, mit dem die Krise auf friedliche und politische Weise gelöst werden könne. Damit sei die Gefahr einer militärischen Intervention gebannt. Es liege im Interesse des ganzen Landes und aller Bewohner und ethnischer Gemeinschaften im Kosovo, fügte er hinzu. Die OSZE- Mission werde falsche und übelwollende Berichte über die Lage in der Provinz richtigstellen.

Aus Nato-Kreisen in Brüssel verlautete, Milošević müsse nun vier Punkte umsetzen: seine Sondereinheiten sofort aus dem Kosovo abziehen, ein Abkommen mit der OSZE über die Beobachtermission schließen, eine Vereinbarung mit der Nato über die Luftbeobachtung treffen und bis November Rahmenabkommen über Friedensgespräche mit den Kosovo- Albanern vorlegen.

Die Reaktionen auf die Einigung fielen überwiegend skeptisch aus. Einzig das russische Außenministerium begrüßte das Abkommen vorbehaltlos. Rußland werde sich an der OSZE-Beobachtertruppe beteiligen, hieß es. Das Verteidigungsministerium in Moskau hatte angesichts der möglichen Nato-Luftangriffe mit militärischer Hilfe für Jugoslawien gedroht.

US-Präsident Bill Clinton, der vor der offiziellen Bekanntgabe des Abkommens von einer Einigung berichtet hatte, zeigte sich äußerst skeptisch. „Die Friedhöfe des Balkans sind voll mit den gebrochenen Versprechen von Präsident Milošević.“ Der britische Premierminister Tony Blair sprach von einem Durchbruch, fügte aber hinzu, die Nato sei weiter bereit zu einer Intervention. „Wir sind bereit, diese Sache zu Ende zu bringen. Wir sind bereit, Gewalt einzusetzen, wenn dies nötig ist.“

Ein Vertreter der Kosovo-Albaner äußerte Zweifel, daß Milošević seine Zusagen einhält. Die Kosovo-Befreiungsarmee UCK erklärte in einer ersten Reaktion, sie lehne jede Vereinbarung ab, die dem Kosovo nicht die Unabhängigkeit von Jugoslawien garantiere. Eine Autonomie reiche nicht aus, sagte ihr Sprecher Bardyhl Mahmuti in Genf. Die albanische Regierung wies darauf hin, daß Milošević in der Vergangenheit seine Zusagen immer wieder gebrochen habe.

Bundesaußenminister Klaus Kinkel will am Freitag im Bundestag eine Erklärung der abtretenden Regierung abgeben. Die Abstimmung über eine Beteiligung der Bundeswehr an möglichen Luftangriffen soll namentlich erfolgen. Ungeachtet des jugoslawischen Einlenkens entschied die alte Bundesregierung gestern, acht Tornado-Flugzeuge in das norditalienische Piacenza zu verlegen. Sie sollen für einen Nato-Einsatz bereitstehen. Tagesthema Seite 3

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