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„Andere Wege finden“

■ Hilfsprojekt für Drogenabhängige in Krankenhäusern wird Ende 1998 eingestellt

Christian L. rettete sich ins damalige Hafenkrankenhaus. Der Körper des Junkies war mit Abszessen übersät, seine Kraft war aufgebraucht. Während er dort lag, ging er eine „Liaison“ ein, die sein weiteres Leben bestimmen sollte: Christian L. nahm Kontakt zur „Drogennotfallprophylaxe Hamburg“ (DNP) auf. Die Sozialarbeiter verschafften dem Obdachlosen ein Bett für die Zeit nach dem Klinikaufenthalt und einen Platz in einer Therapieeinrichtung. Nun ist L. entsetzt, daß die DNP zum Jahresende ihre Arbeit einstellen soll.

Vor vier Jahren wurde die „aufsuchende Drogenhilfe in Krankenhäusern“ als Modellprojekt eingerichtet. Finanziert vom Bundesgesundheitsministerium, sollten die PädagogInnen „Drogennotfälle“ in Kliniken betreuen: Junkies mit einer Überdosis Heroin, Kokain-KonsumentInnen mit Herzattacken oder AlkoholikerInnen im Delirium. 13 derartige Projekte finanzierte das Bonner Gesundheitsministerium bundesweit. „Mit Erfolg“, wie Sprecherin Marita Völker-Albert betont. „Das lief so gut, daß wir das Projekt in Hamburg noch auf Alkoholabhängige erweitert haben.“

Auch die DNP-MitarbeiterInnen in der Hansestadt betonen den Erfolg ihrer Arbeit. Mehr als 130 Erstgespräche hätten sie allein in diesem Jahr geführt, erzählt Pädagoge Joachim Schulze. Zwei Drittel der KlientInnen seien bis dahin nicht ans Drogenhilfesystem angebunden gewesen und hätten erst durch die DNP Kontakt mit HelferInnen aufgenommen.

Daß das Projekt dennoch geschlossen wird, liegt daran, daß seine Arbeit von vornherein auf vier Jahre befristet war. Die Finanzierung durch den Bund läuft Ende Dezember aus; die Stadt Hamburg müßte einspringen, wenn sie die DNP weiter nutzen wollte.

Das möchte die zuständige Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) jedoch nicht. Sie findet, daß sich die Drogenhilfe nicht bewährt hat. „Das Ziel, Notfälle in Krankenhäusern zu erreichen, hat die DNP nicht erreicht“, sagt Sprecherin Petra Bäuerle. „Nur rund ein Drittel der angesprochenen KlientInnen hat sich an das Drogenhilfesystem vermitteln lassen.“ Deshalb werde die BAGS das Projekt nicht mit Ländermitteln weiterführen. „Wir müssen andere Wege finden, die Drogennotfälle zu unterstützen.“. Elke Spanner

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