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KommentarTheaterdonner

■ Hochhuth spielt sich wieder rauf und runter

Rolf Hochhuth hat es wieder einmal geschafft, die halbe Theaterlandschaft der Stadt durcheinanderzuwirbeln. Der starrköpfige Dramatiker setzt den Wechsel von Claus Peymann von der Wiener Burg an das Berliner Ensemble aufs Spiel. Zugleich nimmt er den Kampf gegen die Kulturverwaltung auf, und schließlich provoziert er das Ende des BE, so daß sich das Theater ein neues Quartier suchen muß. Chapeau!

Weil Hochhuth über die Ilse- Holzapfel-Stiftung Eigentümer der Immobilie des einstigen Brecht-Theaters am Schiffbauerdamm ist und das Land sich mit dem ungeliebten Eigentümer nicht verständigen kann, kommt es nun zum Theaterdonner. Doch das Land sollte gelassen mit Hochhuths Attacken umgehen. Hochhuth kann mit dem renovierungsbedürftigen Haus allein wenig anfangen. Vielmehr ist er daran interessiert, das Haus langfristig zu vermieten. Sein Stück „Der Stellvertreter“ wird als Dauerbrenner nicht laufen. Zudem ist durch die anvisierten Umbaumaßnahmen am BE ein ständiges Hochhuth- Programm nicht möglich. Will Hochhuth dennoch spielen, müßte er eine andere Spielstätte nutzen. Dem Land steht unterdessen ein Ausweichquartier zur Verfügung, das so schlecht gar nicht ist. Die Freie Volksbühne in der Schaperstraße ist technisch ausgerüstet, es auch mit Peymann aufzunehmen. Das haben die Abende der vergangenen Theatertage bewiesen. Daß die Bühne und der Zuschauerraum ein wenig verstaubt daherkommen, wird sich wohl richten lassen. Es ist eh eine Schande, daß dort ebenso wie im Schillertheater lasche Musicals inszeniert werden – die bald von der Bühne verschwunden sein werden, wenn das Musical-Theater am Potsdamer Platz brummt.

Natürlich hat Claus Peymann für das Berliner Ensemble geplant, die Renovierung des Bühnenraums und den Bau einer zusätzlichen Probebühne in Auftrag gegeben. Zudem wird man es ihm nicht verübeln, daß er an der ruhmreichen Stätte von Bertold Brecht, Helene Weigel und Heiner Müller inszenieren möchte. Und natürlich kommt es einem Witz gleich, Hochhuth das BE überlassen zu müssen und Peymann damit zu vergraulen. Doch die Schmierenkomödie wird auch einmal ein Ende haben. Die Theaterwelt wird mit oder ohne Hochhuths Selbstinszenierungen weiterspielen, mit oder ohne Peymann leben können und mit oder ohne BE oder Freier Volksbühne für gelungene Abende sorgen. Vorhang!

Rolf Lautenschläger

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