: Kreislaufgesetz als Zirkelschluß
Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hat das Kreislaufwirtschaftsgesetz seine Ziele verfehlt. Öko-Steuer auf Materialverbrauch gefordert ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – „Die neue Bundesregierung wird mit der Kreislaufwirtschaft Ernst machen.“ Kaum ist dieser Satz von den Koaltionären Schröder und Fischer unterschrieben, da schiebt die SPD- nahe Friedrich-Ebert-Stiftung schon ein Gutachten nach, das sich wie eine Handlungsanweisung für die neue Regierung liest. Das geltende Kreislaufwirtschaftsgesetz aus der Feder Angela Merkels habe seine „Ziele weitgehend verfehlt“, schreiben die Forscher Joachim Spangenberg vom Wuppertal-Institut und Roda Verheyen von der Uni Hamburg in ihrem Gutachten, das sie gestern zum zweiten Jahrestag des Gesetzes in Bonn vorstellten. Die Vermeidung von Materialverbrauch gehe „gegen Null“.
Die Autoren fordern eine komplette Reform des Gesetzes, wie sie auch die Koalitionsvereinbarung vorsieht, gehen aber über die rot-grünen Vereinbarungen noch weit hinaus. Von zentraler Bedeutung sei nämlich eine umfassende Ökosteuer, schreiben die Gutachter: Sie solle nicht nur Energie teurer machen, sondern auch den Materialverbrauch an den wichtigsten Rohstoffen – ohne das, so die Studie, sei „für die nächsten 17 Jahre nicht mit der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft zu rechnen“.
Die Studie „Zur Praxis der Kreislaufwirtschaft“ macht außerdem deutlich, daß die Reform der Abfallgesetze mühsam werden wird. Die bisherige Gesetzesanwendung sei „extrem bürokratisch und kompliziert“, bilanzieren die Gutachter, es herrschten „chaotische Zustände“ allein schon bei der Frage, was nun Abfall ist und was nicht. Die schwierige Rechtslage überfordere vor allem mittelständische Betriebe. So habe das Kreislaufwirtschaftsgesetz aus der Amtszeit von Angela Merkel entgegen den Regierungsversprechen auch keine verstärkten Investitionen ausgelöst. Auf der anderen Seite öffne das Gesetz dem privaten Sektor durch mehr Selbständigkeit bei der Müllentsorgung die Möglichkeit „der nicht nachweisbaren Umgehung der Umweltstandards“, klagen die Gutachter.
Die Begriffe „Verwertung“ und „Entsorgung“ seien nicht klar genug getrennt. Daß Abfall einerseits mit aufwendiger Filtertechnik in Müllverbrennungsanlagen entsorgt wird, derselbe Müll teilweise aber auch in Zementöfen ohne große Filter als Brennstoff verwertet werden kann, sei genauso absurd wie die billige Müllentsorgung als Verfüllmaterial in Bergwerken. So würden „unter den Augen der Ordnungsbehörden die Altlasten vom morgen geschaffen“. Die Billigentsorgung wiederum verhindert die Auslastung der kommunalen Müllverbrennungsanlagen: Als Folge stiegen die Müllgebühren in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 70 Prozent. Auch das duale System (Grüner Punkt) sei schwer zu durchschauen. Der Handel mit „Abfällen zur Verwertung“ öffne Tür und Tor für „Scheinverwertung“, wo oft der Müll am Ende nur auf Billigdeponien im Ausland lande.
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