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Agrarhilfe ohne Abzüge

■ Der Europäische Gerichtshof verbietet Verwaltungsgebühren in Schleswig-Holstein

Freiburg (taz) – Norddeutsche Bauern sollen ihre EU-Agrarzuschüsse ungeschmälert erhalten. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Es verschloß damit eine Einnahmequelle des Landes Schleswig-Holstein, das für die Überweisung der Subventionen Gebühren verlangte.

Als Ausgleich für verringerte Ankaufspreise gewährt die EU in bestimmten Agrarbereichen, etwa bei Getreide und Rindfleisch, direkte Einkommensbeihilfen an die Landwirte. Die Bearbeitung der Anträge bei den deutschen Landesbehörden erforderte allerdings neues Personal. In Schleswig-Holstein kam man daher 1994 auf die Idee, von den Bauern bei Auszahlung der Subventionen Verwaltungsgebühren zu erheben. Zwischen 50 und 500 Mark pro Landwirt und Jahr wurden so von den EU-Geldern abgezogen. Im Schnitt machten die Gebühren rund ein Prozent der auszuzahlenden Summe aus.

Die Bauernverbände protestierten und riefen ihre Mitglieder dazu auf, Widerspruch einzulegen. Laut Wortlaut der EU-Verordnungen seien die Zuschüsse „in voller Höhe“ und „ungeschmälert“ auszuzahlen. Die Kieler Landesregierung behauptete dagegen, daß es im EU-Recht einen ungeschriebenen Grundsatz gebe, wonach der Staat für seine Handlungen angemessene Gebühren erheben darf.

Ein solcher Grundsatz war dem EuGH allerdings unbekannt. Er stellte ganz auf den Wortlaut der EU-Verordnungen ab und verbot deshalb die Gebührenerhebung. Die Kieler Landesregierung hat angekündigt, daß sie bereits bezahlte Gebühren an die Bauern rückerstatten werde.

Schleswig-Holstein war bisher das einzige Land, das eine derartige Regelung eingeführt hatte. Bei einer Bestätigung der schleswig- holsteinischen Praxis hätten die anderen Länder diesem Beispiel folgen können. Offiziell hatten die Länderkollegen und der Bund das Kieler Gebührenmodell allerdings abgelehnt. Christian Rath

(Az. C-36/97, C-37/97)

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