Press-Schlag
: Kapitalpokalpoker

■ DFB in plötzlich wohlfeiler Einigkeit mit Vize-Franz und Optionen auf Vereins-AGs

Als wäre Guildo Horn als Halbzeitsänger im Kurhaus zu Wiesbaden aufgetreten: Alle hatten sich plötzlich richtig lieb beim Deutschen Fußball-Bund DFB. Was tags zuvor noch überaus kontrovers behandelt ward, insbesondere von den Amateurvertretern, löste sich am Samstag in volkskammerähnlichen Abstimmungsergebnissen auf: Egidius Braun (73) wurde einstimmig für drei weitere Jahre als Präsident bestätigt, der vorsätzliche Postenhamster Gerhard Mayer-Vorfelder zum Vize gewählt ebenso wie Verbandsnovize Franz Beckenbauer. Der vereinigte auf sich allerdings – „ja mei“ – skandalöse neun Prozent Gegenstimmen bei seiner Verbands- Inthronisation in die Reihen der „Lachsäcke“ (so der Multimeinungs-Kaiser zuvor).

Ab sofort darf es Bundesliga- Paarungen geben wie Daimler VfBGmbH – FC Bayern AG oder Kommandit Kaiserslautern – Uerdingen Unlimited. Profi-Clubs dürfen sich in Kapitalgesellschaften umwandeln. Das klingt zeitgemäß und globalös. Läßt aber Fragen offen: Wer machts wirklich? Nur wenige haben eine Umwandlung bislang ernsthaft erwogen. Was wird aus den anderen?

Und Börsengänge? Werder Bremen hat gerechnet und verworfen, selbst die Bayern wollen nicht recht. Feindliche Übernahmen drohen indes trotz des DFB-Verdikts, daß die Vereins-AGs immer die Aktienmehrheit behalten müssen: Schon mit 25 Prozent hat ein Aktionär die Sperrminorität – freuen wir uns also auf Kirch, der sich einkauft, wenn seinen Sendern droht, die Übertragungsrechte nicht zu bekommen. Was ist, wenn die Ufa gleich ligaweit einsteigt?

Ob sich die Bundesliga irgendwann komplett vom Verband abspaltet, ist ebenfalls unklar. Da will man abwarten, was die EU-Kommissare sagen zu der Frage, ob die Zentralvermarktung der Fernsehrechte durch den DFB nicht vielleicht doch europakonform ist. Dann stünde eine neue Machtprobe mit den Verbandsfunktionären bevor (inklusive dem hübschen Internduell Kaiser gegen Kaiser). Die eigenständige Deutsche Eishockey-Liga mit all ihren finanziellen Serienquerelen grüßt da jetzt schon als dauerhafte Bandenwerbung an jedem Spielfeldrand.

Regelrecht dankbar ist man bei all dem profitorientierten Umbruch für letzte Reste an Kontinuität. So ist Hermann Selbherr, Inbegriff des vergilbten Funktionärismus reinster Form, Spielausschuß-Vorsitzender geblieben. Und darf auch künftig den Zeremonienmeister bei den Live-Auslosungen der DFB-Vereinspokal- Spiele geben – auch wenn der Wettbewerb demnächst DFB- AG-Pokal oder DFB-Vereins- und Kapitalpokal heißen dürfte.

Nach drei Amtszeiten will Egidius „Pater“ Braun im Jahre 2001 den Platz räumen. Minimum drei Flaschen Wein darf er dann als Ehrengabe erwarten, wahrscheinlich vorverkostet vom frischgekürten „Beisitzer für besondere Aufgaben“ beim DFB. Mäßig großzügig hatte dieses Verbandsamt offenbar beim Ex-Trainer HaHu Vogts gearbeitet: Der beklagte sich gestern, daß ihm der Verband zum 100. Länderspieljubiläum in Frankreich nur ganze zwei Flaschen Wein geschenkt hatte. Zudem habe man sich (also er) doch gefragt, ob der Verband bei allen hehren Beteuerungen immer zu ihm stand, zumal man (also die DFB-Spitze um seinen rabenväterlichen Freund Braun) „schon vor der WM mit anderen Trainern über meine Nachfolge verhandelt hat“. Da habe man (also er) jetzt „schon ein komisches Gefühl“. Ergebnis: „Echte Feinde sind mir lieber als falsche Freunde.“

Man könnte ihn fast mögen, wäre da nicht noch die schlimmste vorstellbare Drohung: „Vielleicht werde ich mit 64 wieder Bundestrainer.“ Vom neuen „DFB-Beauftragten für soziale Integration“ wird sich Vogts kaum helfen lassen wollen.

Überhaupt: Wer redet beim DFB noch von Berti? Die Vergangenheit will entsorgt sein, so und so, sowieso. Bernd Müllender

P.S. Ach so, und wie wurden die Aufmüpfigen umgedreht? Nach Branchenart: Mit Geld. Die reiche Liga zahlt den säumigen Amateuren 10 Millionen für die Berufsgenossenschaft. Das galt als Akt der Solidarität. Und so sprach denn Pater Braun: „Die Amateur-Vertreter haben sich professionell verhalten.“