: Private Firmen sollen Knäste betreiben
■ Fugmann-Heesing will zur Kosteneinsparung auch private Firmen mit dem Betrieb von Gefängnissen beauftragen. Nur Personal mit hoheitlichen Aufgaben soll nicht ersetzt werden. Justizverwaltung: Teilpri
Annette Fugmann-Heesing (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, mit dem Betrieb von Gefängnissen unter Umständen auch private Firmen zu beauftragen. Dies erklärte die Finanzsenatorin in einem Interview mit der taz. Zwar sei sie gegen eine Privatisierung der Justiz, da diese eine hoheitliche Aufgabe sei. „Die Frage des Betriebs von Gefängnissen ist aber eine andere Fragestellung“, so Fugmann-Heesing. „Wenn ein privater Betreiber etwa billiger und besser kochen kann als die öffentliche Hand, dann soll er das tun.“
Mit diesem Vorstoß profiliert sich Fugmann-Heesing einmal mehr als Privatisierungssenatorin. Neu ist der Vorschlag, Teile des Gefängnisbetriebs privaten Betreibern zu übertragen, allerdings nicht. Bereits im Frühjahr dieses Jahres überraschten CDU und Grüne in Hessen mit einem ähnlichen Vorschlag. Nach einer Dienstreise ins britische Doncaster zeigte sich der innenpolitische Sprecher der hessischen Grünen, Tarek Al Wazir, „sehr beeindruckt“. In Doncaster wird das Gefängnis einschließlich aller Dienstleistungen und der Bewachung von einem privaten Betreiber geführt.
Über die in der Vergangenheit diskutierten Überlegungen, etwa die Wäscherei oder die Gefängnisschusterei zu privatisieren, will Fugmann-Heesing nun auch in Berlin hinaus. So soll auch das Dienstpersonal künftig nicht ausschließlich bei der öffentlichen Hand beschäftigt sein. Lediglich Justizpersonal, „das Hoheitsrechte ausübt, könnte und sollte nicht vollständig gegen privates Personal ausgetauscht werden, da muß es weiterhin staatliche Einflußmöglichkeiten geben“, so Fugmann-Heesing.
Während die Berliner Grünen den Vorstoß der potentiellen Koalitionspartnerin rundherum ablehnten, verwies die Justizverwaltung darauf, Teilprivatisierungsvorschläge bereits mehrfach geprüft zu haben. Ergebnis sei, daß der vollzugsinterne Betrieb etwa der Wäscherei oder der Gefängnisküche weitaus billiger sei als der eines privaten Anbieters, sagte Justizsprecherin Michaela Blume. Denn anders als in Großbritannien oder den USA werden Gefangene in Deutschland vor allem in den Knästen selbst zum Arbeiten eingesetzt. Und dies soll laut Justizverwaltung auch so bleiben. „Wir haben eine Resozialisierungspflicht, zu der es auch gehört, Arbeitsmöglichkeiten während der Haft zu bieten“, sagte Blume.
Auch das Argument der Privatisierungsbefürworter, daß sich durch den Einsatz privaten Personals der Krankenstand der Vollzugsbeamten verringern lasse, wollte Blume nicht gelten lassen. „Der Krankenstand ist mit elf bis zwölf Prozent seit Jahren konstant“, so Blume. Auch Norbert Schellberg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, unterstützt die Justizverwaltung. „Der Krankenstand in den Gefängnissen ist keine Frage der Privatisierung, sondern der Dienstrechtsreform“, so Schellberg. Uwe Rada
Interview Seite 20
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