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Kleine Kunst

■ Ganz ohne Zeigefinger: In Hamburg tagt ab heute der 1. Kinderlied-Kongreß

Enzensberger nennt es die „prima poesis eines jeden Menschenlebens“. Dennoch klagt Stephan von Löwis of Menar vom Kinderlied e.V.: „Das Kinderlied steht unberechtigterweise am Schluß der literarischen Prestigeskala.“ Sein Verein hat deshalb über 200 PädagogInnen und MedienvertreterInnen eingeladen zum bundesweit ersten Kinderlied-Kongreß, der heute in Hamburg beginnt.

„Es gibt bisher in der Branche keinen Ort zum Austauschen“, erläutert von Löwis of Menar. Die Themen reichen von „Das Lied als Basis für fördernde Kommunikation“ über „Einführung in das Urheberrecht“ bis zu „Brecht und Eisler für Kinder“. Von Löwis of Menar erhofft sich von der gegenseitigen Befruchtung eine „reichere Ästhetik“ im deutschen Kinderlied. Die Zielgruppe sei vorhanden. „Kinder singen heute noch genausoviel wie früher“, erklärt er, „nur halt mit Kassette.“

Ein Lied mit einer pädagogischen Wirkung suchte denn auch der Wettbewerb, den KinderKinder zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Vorfeld ausgeschrieben hatte: „Kinder stark machen“ (gegen Drogen) war das Motto, das auch wörtlich im Refrain der komponierten Lieder vorkommen mußte. 71 Künstler und Gruppen schickten ihre Titel. Die – übrigens ausschließlich männliche – Jury kürte das Lied „Kinder, Kinder nee“ von den Bielefelder Löffelpiraten zum Gewinner, weil es „ohne erhobenen Zeigefinger auskommt“. Auf einer großen Kinderliedgala am Sonntag (15 Uhr) im Cinemaxx wird der Hit präsentiert.

Auch der Kongreß soll etwas fürs Image des Kinderliedes tun. „Wann wird denn hierzulande einmal eine neue Kinderliedkassette literarisch rezensiert?“, kritisiert von Löwis of Menar. In den USA oder in Osteuropa gebe es zur Zeit ganz andere Trends. Für ihn reflektiert diese Ignoranz deshalb auch die Stellung von Kindern in unserer Gesellschaft. Auf dem Weg, diese zu verbessern, so der Organisator, „kann der Kongreß allerdings nur ein erster Schritt sein“.

Heike Dierbach

Weitere Infos unter Tel.: 29 99 11 37

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