piwik no script img

Sozialdemokraten und Kommunisten

Sozialdemokraten und Kommunisten – das ist die Geschichte eines langen, erbitterten Familienzwists. Beide Parteien hatten den gleichen, strengen Vater, die SPD August Bebels. Als der Patriarch alt wurde, befehdeten sich Revisionisten und Revolutionäre. Es kam zum Bruch, als die Parteimehrheit 1914 die Kriegskredite billigte. Der erste Sündenfall.

Nach dem Krieg formierten sich die Linksradikalen zur KPD und schlossen sich der Dritten Internationale (Komintern) an, traten für das rote Sowjetdeutschland ein. Die Sozialdemokraten bejahten hingegen das parlamentarische System der Weimarer Republik, scheiterten aber an seiner Demokratisierung.

Als die Republik in schwere Wasser geriet und die Nazis kometenhaft hochstiegen, konzentrierten die Kommunisten ihren Hauptschlag auf die SPD und erklärten sie für sozialfaschistisch. Das machte es den Nazis leichter, an die Macht zu kommen – der zweite Sündenfall.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erzwang die KPD in der sowjetischen Besatzungszone den Zusammenschluß mit der SPD zur SED. Im Kalten Krieg herrschte Funkstille, dann lockerte die Entspannungspolitik des SPD- Bundeskanzlers Willy Brandt den Boden für weitere Kontakte im Sinne des „Wandels durch Annäherung“ (in den siebziger Jahren SPD-Konzept zur Reform der realsozialistischen Staatspartei).

Die SED nahm bei dem Punkt größter Annäherung in den achtziger Jahren das Dokument Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit zwar an, realisierte es aber nie. 1989 erhielt sie dafür die Quittung. Parteiforschern gilt die PDS als altbacken bis ursozialdemokratisch. Christian Semler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen