: Indonesiens Militärs zündelten mit
Ein Untersuchungsbericht beweist: Bei den Unruhen im Frühjahr wurde die Bevölkerung von interessierter Seite aufgehetzt. Hintergrund war ein politischer Machtkampf auf oberster Führungsebene des Landes ■ Von Jutta Lietsch
Bangkok (taz) – Welche Rolle spielte das indonesische Militär bei den schweren Unruhen im Frühjahr des Jahres, die Präsident Suharto zum Rücktritt zwangen? Haben dunkle Kräfte in der Armee die Bevölkerung damals aufgehetzt, Geschäfte und Wohnhäuser zu plündern und anzuzünden, um das Kriegsrecht ausrufen zu können? Wurden Frauen systematisch vergewaltigt?
Diese Fragen, die Indonesien seit den Ereignissen vom Mai aufwühlen, sind jetzt teilweise beantwortet worden. Eine von der Regierung beauftragte 18köpfige Gruppe aus Generälen, Bürokraten und Bürgerrechtlern legte am Dienstag abend in Jakarta ihren Bericht vor. Ihre Schlußfolgerung lautet: „In mehreren Orten“ waren Soldaten in Zivil aktiv an den Krawallen beteiligt, bei denen mindestens 1.200 Menschen ums Leben kamen. Mehrere Gruppen hätten versucht, von den Unruhen zu profitieren: „Lokale Banden, Massenorganisationen und Trupps der Streitkräfte“ seien beteiligt gewesen.
Hintergrund sei ein „politischer Machtkampf auf oberster Ebene“ gewesen, heißt es in dem Dokument. Die Kommission nennt dabei ausdrücklich Suhartos Schwiegersohn, General Prabowo Subianto, der zu jener Zeit Chef der mächtigen „Strategischen Reserve“ Kostrad war. Prabowo und der damalige Stadtkommandant Jakartas, Sjafrie Sjamsoeddin, hätten, so der Verdacht der Kommission, eine „Notsituation“ schaffen wollen, die „Maßnahmen außerhalb der Verfassung erforderte, um die Situation unter Kontrolle zu halten“. Im Klartext heißt das: Prabowo wollte die Unruhen verschärfen, um seine eigene Position zu stärken. Unklar ist allerdings, ob er sich selbst an die Macht bringen wollte oder ob er seinem Schwiegervater mit dem Ausnahmezustand helfen wollte, im Amt zu bleiben. Der in dem Bericht erwähnte Machtkampf führte jedenfalls dazu, daß zahlreiche Armeeeinheiten die Menschen nicht daran hinderten, Gebäude auszurauben und in Brand zu setzen.
Bis zu 60 überwiegend chinesischstämmige Frauen seien vergewaltigt worden. Es sei jedoch nicht klar, ob es sich um geplante oder spontane Übergriffe gehandelt habe, heißt es in dem Dokument. Bürgerrechtsorganisationen sprachen bislang von über 160 Vergewaltigungen.
Allerdings vermeidet der Bericht klare Worte, Beweise werden nicht vorgelegt. Viele Ergebnisse sind nur angedeutet. Die Kommission fordert die Regierung auf, die Drahtzieher der Unruhen vor Gericht zu stellen. Besonders genannt wird General Prabowo, der wegen seiner Verantwortung für die Entführung und Folter von Dissidenten bereits „ehrenhaft“ aus dem Militär entlassen worden ist.
Der Bericht sollte bereits Ende Oktober veröffentlicht werden, doch die Kommission konnte sich nicht auf die Formulierungen einigen. Als die Gruppe am Dienstag abend das Dokument endlich dem Kabinett übergeben wollte, erschien kein einziger Minister.
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