: Fall Böttcher wird aufgewärmt
Monika Böttchers Freispruch vom Vorwurf, ihre Töchter ermordet zu haben, wird erneut vor dem Bundesgerichtshof verhandelt: Neue Indizien liegen nicht vor ■ Aus Karlsruhe Christian Rath
Nachdem im Juli der Vorsitzende Richter Burkhard Jähnke eine Herzattacke erlitten hatte, verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) gestern erneut über das weitere Schicksal von Monika Böttcher, ehemals Weimar. Das Urteil wird am Freitag verkündet.
Noch immer wird Monika Böttcher vorgeworfen, im August 1986 ihre beiden fünf und sieben Jahre alten Töchter getötet zu haben. In einem spektakulären Indizienprozeß war die Mutter 1988 vom Landgericht Fulda wegen zweifachen Mordes verurteilt worden. Sieben Jahre später erreichte sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens, die im April 1997 zum Freispruch vor dem Landgericht Gießen führte. Doch die Staatsanwaltschaft und ihr Exmann Reinhard Weimar legten Revision ein.
Gestern nun wurde die im Juli abgebrochene Revisionsverhandlung noch mal von vorn aufgerollt. Einzige Überraschung dabei: Diesmal erschien auch Monika Weimar. Und so mußte sie sich anhören, wie Bundesanwalt Karl Wienroeder verlangte, ihren Freispruch aufzuheben. Nach seiner Ansicht kommt bei der bestehenden Indizienlage nur eine Verurteilung in Betracht. Er brachte das langwierige Verfahren dabei auf eine simple Dreisatzformel: Die Verhandlung in Gießen habe ergeben, daß entweder Monika Böttcher oder Reinhard Weimar die Töchter umgebracht hätten. Monika Böttcher sei aber aus verschiedenen Gründen dann als Täterin anzusehen, wenn die Kinder am Morgen des 4. August noch gelebt hätten. Und da viele Indizien genau darauf hindeuteten, so der Bundesanwalt, widerspreche der Freispruch den „Gesetzen der Logik“.
Die Verteidiger Gerhard Strate und Johann Schwenn warfen der Bundesanwaltschaft vor, sie halte sich nicht an die Regeln eines Revisionsverfahrens. „Hier wird offensichtlich versucht, alle Feststellungen zum Sachverhalt neu aufzurollen“, empörte sich Schwenn und forderte, die „durchaus vernünftige“ Beweiswürdigung der Gießener Richter zu akzeptieren. Strate wurde am Ende sogar emotional: „Es geht nicht nur um die Gesetze der Logik, sondern auch um die Gesetze des Herzens“, so sein Appell an die BGH-Richter.
Monika Böttcher verzichtete auf ein letztes Wort. Nach der Verhandlung stand die zerbrechlich wirkende Frau im Mittelpunkt des Medieninteresses. „Ich bin diesmal nach Karlsruhe gekommen, weil ich mich der Situation stellen will“, sagte sie in mehreren Interviews, „es ist außerdem einfacher für mich, als zu Hause auf den Anruf meiner Anwälte zu warten.“
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