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Ein rauschender Sieg der Republikaner war angesagt. Bill Clinton wäre ganz tief gesunken. Doch dann kam alles ganz anders. Die Republikaner haben die Wahlen verloren. Für Mrs. Lewinsky interessiert sich kaum noch jemand. Und durch die polit

Ein rauschender Sieg der Republikaner war angesagt. Bill Clinton wäre ganz tief gesunken. Doch dann kam alles ganz anders. Die Republikaner haben die Wahlen verloren. Für Mrs. Lewinsky interessiert sich kaum noch jemand. Und durch die politische Kultur Amerikas geht ein Ruck.

Amerikas Rechte im Rückwärtsgang

Nach Wahlen wollen meist alle gewonnen und niemand verloren haben, und oft haben schon jene gewonnen, die nicht verloren haben. Bei den US-Wahlen haben die Republikaner die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses behalten – und Newt Gingrich, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, wundert sich, wieso das nicht als entscheidender Erfolg gesehen wird. Ist es doch seit Menschengedenken nicht mehr vorgekommen, daß die Republikaner in drei aufeinanderfolgenden Wahlen ihre Parlamentsmehrheit verteidigen konnten.

Recht hat er – in gewissem Sinne. Schließlich werden die Republikaner die Vorsitzenden aller Ausschüsse stellen. Gleichwohl stehen die Demokraten als Sieger da. Üblich wäre es gewesen, wenn bei den „Zwischenwahlen“ die Partei des Präsidenten Einbußen erleidet. Doch ganz im Gegenteil: Die Demokraten haben sogar fünf Sitze hinzugewonnen. Die schon bisher dünne Mehrheit der Republikaner von elf Stimmen im Repräsentantenhaus ist damit weiter geschrumpft, während die Verhältnisse im Senat gleichgeblieben sind – die Republikaner haben dort zehn Sitze Mehrheit. Auch bei den Gouverneurswahlen haben die Republikaner trotz leichter Einbußen ihre Mehrheit behalten. Stellten sie bisher 33 der 50 Gouverneure, so haben sie jetzt noch 31.

Zur Einschätzung des relativen Erfolgs der einen oder anderen Partei muß man aber Einzelergebnisse heranziehen – und da haben die Republikaner dramatische Niederlagen hinnehmen müssen. Im lautstärksten und schmutzigsten Senatswahlkampf um den Posten des Senators von New York hat Alfonse D'Amato, ein ausgewiesener Feind Clintons, die Wahl gegen den Abgeordneten Charles Schumer, einen ausgewiesenen Freund Clintons, verloren.

In North Carolina unterlag Senator Lauch Faircloth, eine republikanische Institution, gegen den Neuling John Edwards, während in South Carolina der Demokrat Ernest „Fritz“ Hollings sich gegen die Attacken eines smarten Geschäftsmannes behaupten konnte. Und in Alabama verlor Gouverneur Fob James, der in jedem Gerichtssaal die Zehn Gebote aufhängen wollte und erklärte, daß die Grundrechte der Verfassung in Alabama nicht gelten, gegen den aufgeklärten Bürokraten Don Siegelman. Solche Ergebnisse sind seismische Beben in der politischen Landschaft Amerikas, die Verschiebungen der politischen Machtverhältnisse ankündigen.

Im traditionell konservativen Süden des Landes, der seit Jahrzehnten unaufhaltsam in die Hände der Republikaner überzugehen schien, hielten die Demokraten ihre letzten Bastionen. Selbst die Wahl der republikanischen Gebrüder Bush zu Gouverneuren in Florida und Texas signalisiert eine politische Wende im Süden. Mit den beiden Söhnen des ehemaligen Präsidenten haben Republikaner gewonnen, die sich zu ihrer Partei verhalten wie Bill Clinton zu seinen Demokraten – es sind unkonventionelle, unideologische Kandidaten, die eine Mehrheit der Frauen, Schwarzen und Latinos für sich gewinnen konnten – Wählerschichten, die die Republikaner sonst meiden wie der Teufel das Weihwasser. Wenn die Republikaner den Sieg der „Bush Boys“ als ihren Triumph feiern, haben sie nicht viel zu feiern.

Deren Wahlsieg stand schon vor Monaten fest, und wenn die Bushs den neue Typus Republikaner verkörpern, dann müssen die Führer dieser Partei noch viel dazulernen. Es ist alles andere als ausgemacht, daß George Bush wirklich der neue Held der Republikaner und deren nächster Präsidentschaftskandidat wird. Ganz abgesehen davon, daß der in Texas mehr Spaß an der Politik haben kann als auf der Washingtoner Bühne – noch ist die Parteibasis viel zu stark von der christlichen Rechten beeinflußt, als daß sie einen Pragmatiker wie Bush überhaupt nominieren würde.

Bezogen auf die Präsidentenwahl des Jahres 2000 haben die Demokraten mit der Wahl Gray Davis' zum Gouverneur Kaliforniens einen wichtigen Coup gelandet. Kalifornien ist quasi eine eigene Nation und der größte Bundesstaat. Er stellt die größte Parlamentsdelegation, und die fällige Neuaufteilung der Wahlbezirke nach der letzten Volkszählung wird jetzt in Kalifornien unter der Aufsicht eines Demokraten durchführt. Zu den 55 Abgeordneten dürften fünf dazukommen, die bei geschickter Aufteilung der Wahlkreise Demokraten sein könnten.

Ein widersprüchliches Signal setzt die Wiederwahl des Senators Russel Feingold aus Wisconsin. Das war der Mann, der die Wahlkampffinanzierung neu regeln wollte. Sein Verzicht auf große Wahlkampfspenden wurde als politischer Selbstmord gewertet. Feingold entging der Niederlage nur knapp. Aufs große Geld zu verzichten ist also gefährlich, aber nicht unbedingt tödlich – ein hoffnungsvolles Signal für die politische Kultur des Landes.

Ach ja, und dann war da doch noch der Lewinsky-Skandal. Ganze fünf Prozent der Wähler erklärten in Umfragen nach der Wahl, sie hätten bei ihrer Stimmabgabe an den Präsidenten gedacht. Wenn denn die widersprüchlichen Ergebnissen dieser Wahl eine Botschaft tragen, dann diese: Der Kongreß soll diesen Quatsch mit der Amtsenthebung Clintons lassen und sich seinen eigentlichen Aufgaben widmen. Peter Tautfest, Washington

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