: Der Elite auf der Spur
Noch ist das „International Center for Graduate Studies“ ein Phantom – obwohl es gerade in der „Erprobungsphase“ steckt ■ Von Jakob Michelsen
„International Center for Graduate Studies? Keine Ahnung!“ Die beiden Teilnehmer der Pädagogik-Vorlesung schütteln den Kopf. Dabei ist die Lehrveranstaltung, die sie gerade besuchen, Bestandteil dieses neuen Pay-Studienganges in der Probephase. Ab dem Wintersemester 1999/2000 sollen dann 30 „besonders qualifizierte“ ausländische Studierende mit dem Bachelor-Grad – nach „strengen Maßstäben“ ausgewählt – in den Genuß von fünf interdisziplinären Studienprogrammen kommen – gegen eine Gebühr von monatlich 1300 Mark. Im gerade angelaufenen Wintersemester wurde für das „International Center“ die „Erprobungsphase“ ausgerufen.
Von der ist vorläufig wenig zu sehen. Zwar wurde ein „Study Program“ ins Internet gestellt; dabei handelt es sich jedoch nur um eine Auswahl aus dem ganz normalen Vorle-sungsverzeichnis. In der Pressestelle der Uni liegt ein Faltblatt aus, das mit der Attraktivität der international metropolis Hamburg wirbt. Außerdem liegt natürlich das „Gründungskonzept“ des International Center vor.
Dieses Papier hat es in sich. Ähnlich wie bei allen Privathochschul-Projekten heißt es auch hier, das Zusatzangebot werde den Uni-Etat nicht belasten. Zugleich sollen die Center-StudentInnen jedoch von regulären Uni-ProfessorInnen (MentorInnen) individuell betreut werden; die betreffenden Lehrenden stehen somit der Masse der Studierenden nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Das Center nutzt auch die Bibliotheken und Labore der Uni. Mitbestimmen, was in dem Sonderstudiengang passiert, können die Gremien der Universität nicht. Denn das International Center soll eine Stiftung privaten Rechts werden, die unabhängig von der Hochschulselbstverwaltung agiert.
Viele StudierendenvertreterInnen lehnen das Center daher als „Schritt in Richtung Zweiklassenstudium“ ab. Wie zu hören ist, soll es darüber GAL-intern zum Streit zwischen der Grünen Hochschulgruppe und Wissenschaftssenatorin Krista Sager gekommen sein, die dem Privatstudiengang – ebenso wie dem von TU-Präsident Hauke Trinks initiierten „Northern Institute of Technology“ – ausgesprochen wohlgesonnen ist.
Zu den GegnerInnen des neuen Angebots für Betuchte gehört auch Saskia Mestern vom AusländerInnenreferat des Asta. „Die Internationalisierung, mit der Unipräsident Lüthje wirbt, ist nur eine Rechtfertigung für die Marktanbindung, Privatisierung und Entdemokratisierung von Bildung.“ Sie befürchtet unter anderem, daß die speziellen Deutschkurse, die für die Center-Studierenden bereitgestellt werden sollen, Vorbild für eine künftige Privatisierung aller Deutschkurse für AusländerInnen an der Uni sein könnten.
Immerhin hat Unichef Jürgen Lüthje an einem kürzlich veröffentlichten Kommissionsbericht der Hans-Böckler-Stiftung mitgestrickt, in dem generell für mehr Eigenfinanzierung des Studiums plädiert wird. Außerdem heißt es im Konzept des International Centers, durch die Schaffung eines Studienangebots „mit besonders anspruchsvollen Zugangsbedingungen“ solle „auch dessen Annahme durch deutsche Studierende erprobt werden“. Beides deutet nach Auffassung von KritikerInnen darauf hin, daß auf diese Weise verschärfte Auswahlverfahren und Studiengebühren ausprobiert werden sollen, um sie dann für die Uni zu übernehmen.
Auch wenn das International Center for Graduate Studies zur Zeit noch ein Phantom ist – Erfolg oder Scheitern des Studienprogramms sind nicht nur für die kleine, aber feine Zielgruppe von Interesse.
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