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Amtsschimmel in Neukölln wurde wachgetrommelt

■ „Bündnis gegen das Asylbewerberleistungsgesetz“ protestiert gegen schlechte Behandlung von Flüchtlingen im Sozialamt Neukölln. Amtsleiterin begründet Mißstände mit Überlastung

Die Fenster und Türen im Sozialamt blieben geschlossen. Dabei waren gestern etwa 90 Demonstranten einem Aufruf des „Bündnis gegen das Asylbewerbergesetz“ gefolgt und protestierten lautstark vor dem Amt in der Karl- Marx-Straße, gegen die dort herrschenden Mißstände. Laut dem Bündnis sind im Sozialamt Neukölln Schikanen gegen Flüchtlinge und Obdachlose an der Tagesordnung: Anträge würden verschlampt oder ignoriert, lebensnotwendige Leistungen wie Shampoo oder Schuhe würden nur zögernd und durch Druck bewilligt.

Das Sozialamt, das größte in der Bundesrepublik, gibt an Flüchtlinge vornehmlich Sachleistungen statt Geld aus. Das ist zwar nach dem Asylbewerberleistungsgesetz rechtens, geht aber nach Angaben des Bündnisses meist an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbei. Das Essen aus der Küche des Wohnheims in der Teupitzer Straße ist zum Beispiel laut Bündnis nur mangelhaft. Will sich eine Familie noch zusätzlich eine frische Mahlzeit kochen, muß sie dafür münzbetriebene Herde benutzen. Wie auch für die Waschmaschine muß hierfür das Taschengeld von 80 Mark im Monat pro Erwachsenem ausreichen.

Ein Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien, der aus Angst vor Repressionen durch das Amt seinen Namen nicht nennen will, wohnt seit zwei Jahren in dem Heim. Seine Tochter habe vor drei Wochen ein Kind zur Welt gebracht, berichtet der Roma. Windeln für das Baby habe die Familie aber erst nach einer Klage gegen das Amt erhalten.

Das „Bündnis gegen das Asylbewerberleistungsgesetz“, ein Zusammenschluß der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM) und der Antirassistischen Initiative (ARI), hilft den Menschen beim rechtlichen Kampf: Durch eine Eingabe an den Petitionsausschuß im Spätsommer konnten einige Mißstände bereits beseitigt werden. „Im Wohnheim in der Teupitzstraße bekommen Kinder jetzt täglich einen halben Liter H-Milch“, sagt Eva Weber von dem Bündnis, „vorher gab es einen ganzen Liter in der Woche.“

Stefanie Vogelsang, die Leiterin des Sozialamtes Neukölln, räumte gegenüber der taz ein, daß nicht alles optimal laufe. Die Mitarbeiter würden wegen der Belastung durch die personelle Unterbesetzung im Amt vielleicht nicht jede Notlage gleich erkennen. Zum Beispiel habe die Milch in dem Heim tatsächlich nicht ausgereicht. Doch müßten deshalb keineswegs die einfachsten Anträge gleich mit dem Anwalt gestellt werden. Die Proteste sind für sie politisch motiviert und zielen auf die Falschen: „Das Gesetz wird ja nicht im Sozialamt gemacht.“ Ocke Bandixen

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