Aus Rache für die ermordeten Führer der Hamas

■ Die Anschläge der letzten Wochen deuten auf einen Richtungsstreit innerhalb der Hamas hin

Für Palästinenserpräsident Jassir Arafat kommen die jüngsten Terroranschläge zur Unzeit, weiß er doch wie kein anderer, daß die israelische Regierung sie zum Anlaß nehmen wird, das Wye-Abkommen auszusetzen.

Und das zum Nachteil des Ansehens der Autonomiebehörde. Dabei hatte Arafat nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen zumindest die politische Führung von Hamas im Lande davon überzeugen können, während der dreimonatigen Umsetzungsphase des Wye-Abkommens keine Anschläge zu verüben.

Die Tatsache, daß in den vergangenen vierzehn Tagen dennoch drei Anschläge stattfanden, zwei davon nach der Unterzeichnung des Wye-Abkommens, deutet darauf hin, daß es innerhalb von Hamas einen Richtungsstreit gibt.

Die Ermordung dreier Führer des militärischen Arms von Hamas in den vergangenen Monaten hat die Organisation schwer getroffen. Auch wurden mehrere Anschläge durch Festnahmen mutmaßlicher Täter verhindert. Die Schlagkraft der Ezzedin-al-Kassam-Brigaden schien entscheidend geschwächt. Der geistige Führer von Hamas, Scheich Ahmed Jassin, der grundsätzlich am Recht auf militärischen Widerstand gegen Israels Besetzung festhält, erklärte, daß er die „Befreiung“ oder Räumung von Gebieten durch Israel grundsätzlich positiv betrachte. Zumindest ein vorübergehender Waffenstillstand könnte aus einem solchen Grunde von Hamas in Betracht gezogen werden. Politische Führer von Hamas äußerten sich ähnlich.

Doch jüngste Drohungen aus dem Iran und von der Hisbollah in Libanon, die Arafat nach dem Wye-Abkommen als „Verräter“ bezeichneten und zu seiner Ermordung aufriefen, deuten an, daß ein anderer Hamas-Flügel das Wye- Abkommen mit allen Mitteln verhindern will. Und für israelische wie palästinensische Sicherheitskreise herrscht wenig Zweifel daran, wo die Auftraggeber der jüngsten Anschläge zu suchen sind.

Ein interner, gewissermaßen „eigener Grund“ für die Anschläge läßt sich aus Sicht der Hamas indes auch ausmachen: Rache für die ermordeten Führer. Daß diese Rache jedoch ins politische Nichts führt, dürfte wiederum in Libanon und in Iran mit Wohlwollen gesehen werden.