■ Die zerstörten Staaten brauchen Hilfe – und den Schuldenerlaß: Fischer nach Zentralamerika!
Immer wieder hat der neue Minister Fischer argumentiert, daß humanitäre Ziele hohe Priorität für die deutsche Außenpolitik haben müssen. Auch wenn dies, wie etwa im Kosovo, Militäreinsätze verlangt. Im vom Hurrikan verwüsteten Zentralamerika geht es darum, Zeichen anderer Art zu setzen: Daß für die deutsche Außenpolitik humanitäre Anliegen auch dann Priorität haben, wenn keine Militäreinsätze zur Debatte stehen; auch dann, wenn es nicht darum geht, die „Handlungsfähigkeit“ Europas oder der Nato unter Beweis zu stellen oder der „gewachsenen Verantwortung Deutschlands“ gerecht zu werden.
Fischer hat die erste Runde seiner Antrittsbesuche hinter sich. Er weiß, womit ein Außenminister politische Zeichen setzen kann: mit Präsenz vor Ort. Ein Besuch in Nicaragua und Honduras wäre das Signal, daß die neue deutsche Außenpolitik humanitärem Engagement einen hohen Stellenwert gibt – humanitärem Engagement ohne Hintergedanken und eben nicht nur dann, wenn es dienlich bei der Verfolgung anderer politischer Ziele ist. Und Fischer müßte nicht mit leeren Händen kommen. Jimmy Carter, der umtriebige Ex-Präsident der USA, hat vor wenigen Tagen die vom Hurrikan betroffenen Länder besucht und über die Soforthilfe hinaus die Streichung ihrer Auslandsschulden gefordert. Eine überfällige Forderung. Für die Banken und Gläubiger geht es bei Nicaragua und Honduras um die berühmten „peanuts“. Für die Länder selbst jedoch ist die Schuldenlast seit langem unbezahlbar. Daß sie jetzt, nach der Zerstörung durch den Hurrikan, gezwungen sind, als allererstes wieder die Exportlandwirtschaft flottzukriegen, nur um damit die Zinsen auf Kredite abzahlen zu können, ist eine obszöne Vorstellung.
Die Europäische Union hat sich in den achtziger Jahren stark um die Vermittlung der Friedensprozesse in Zentralamerika bemüht, und sie hat dabei einen ihrer größten außenpolitischen Erfolge gefeiert. Heute braucht Zentralamerika Nothilfe. Aber es braucht auch die Aussicht darauf, daß es nach der Überwindung der akuten Katastrophe reale Entwicklungsperspektiven für die Länder gibt. Ein Schuldenerlaß alleine reicht dafür nicht, aber ohne ihn geht es nicht. Es ist gut, wenn ein pensionierter US-Präsident dies fordert. Es wäre politisch sehr viel gewichtiger, wenn der amtierende deutsche Außenminister und seine Kollegin vom BMZ dies täten und sich in Tegucigalpa oder Managua dazu verpflichteten, in der EU die Initiative für eine umfassende Schuldenstreichung zu ergreifen. Bert Hoffmann
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