: Fischer will gerechtere EU-Kosten
■ Der Bundesaußenminister sieht engere Spielräume und hält in Brüssel an der finanziellen Entlastung Deutschlands fest. Die Türkei soll weiter an Europa herangeführt werden
Brüssel (rtr) – Die neue rot- grüne Bundesregierung rückt nicht von der Forderung nach einer gerechteren Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union (EU) ab. Eine Entlastung der Bundesrepublik sei auch wichtig, um die Akzeptanz der geplanten EU- Osterweiterung in Deutschland zu sichern, sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer bei seiner ersten Teilnahme an einem EU-Außenministertreffen gestern in Brüssel. Die EU-Erweiterung sei eine historische Chance, die die neue Bundesregierung nutzen wolle. Voraussetzung dafür sei aber, daß der Streit um die künftige Finanzierung der EU beigelegt werde.
Deshalb müßten bei der Agenda 2000, die die Finanzierung der EU bis zum Jahr 2006 regeln soll, „Nägel mit Köpfen gemacht werden“, sagte Fischer. Eine Einigung solle dabei unter deutscher Präsidentschaft bis Ende März 1999 erzielt werden. Dies setze aber die Bereitschaft aller 15 Mitglieder voraus, sich im Streit um die Lastenverteilung in der EU zu bewegen. Nur so könne es einen Kompromiß geben. Für Deutschland machten dabei aber „schmaler werdende Verteilungsspielräume“ weitere Lastenübernahmen mit Blick auf die EU-Erweiterung „nicht sehr begehbar“.
Im Streit um die Lastenverteilung wolle die neue Bundesregierung nicht allein auf eine Kofinanzierung der Agrarbeihilfen setzen, sondern alle drei Modelle verfolgen, die die EU-Kommission vorgelegt hatte. „Alle drei Optionen müssen auf dem Tisch bleiben“, sagte Fischer.
Neben Deutschland zahlen die Niederlande, Österreich und Schweden mehr in die Brüsseler Kassen, als von dort zurückfließt. „Bestehende Unterschiede können nicht wegdiskutiert werden“, sagte Fischer. Die deutschen Nettozahlungen an die EU beliefen sich im vergangenen Jahr etwa auf 10,94 Milliarden ECU – knapp 22 Milliarden Mark.
Fischer unterstrich zudem, daß auch die Türkei weiter an die EU herangeführt werden müsse. Die Europäische Union sei keine Religionsgemeinschaft, sondern eine Werte- und Interessengemeinschaft. Die Türkei müsse sich aber EU-Regeln wie der Einhaltung der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes unterordnen.
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